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Pressemitteilung vom 14.01.2015
Datum: 14.01.2015
Kurzbeschreibung: Baden-Baden: Verwaltungsgericht hebt bodenschutzrechtliche/ wasserrechtliche Anordnungen und zugehörige Gebührenbescheide der Stadt Baden-Baden auf
Bereits am 09. Dezember 2014 hatte die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe entschieden, dass mehrere bodenschutzrechtliche/wasserrechtliche Anordnungen der Stadt Baden-Baden - samt zugehöriger Gebührenbescheide - welche im Zusammenhang mit einem durch Löschwasser verursachten Grundwasserschaden erlassen wurden, rechtswidrig und daher aufzuheben sind. Nunmehr liegt das mit einer schriftlichen Begründung versehene Urteil vor. Es wurde den Verfahrensbeteiligten dieser Tage zugestellt.
Hintergrund des Klageverfahrens ist die Löschung eines Brandes im Baden-Badener Stadtteil Sandweier, wo am 08.02.2010 eine Lagerhalle vollständig abbrannte. Da die Feuerwehr trotz erheblichen Wassereinsatzes einen Feuerüberschlag auf die benachbarten und ihrerseits an ein Wohngebiet angrenzenden Hallen befürchtete, ordnete der Einsatzleiter am späten Abend des 08.02.2010 den Einsatz schaumbildender Löschmittel an, welche wassergefährdende Tenside - unter anderem perfluorierte Tenside (PFT) in Form von Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) - enthielten. Das PFOS-haltige Löschwasser gelangte über zwei auf dem Grundstück befindliche Mulden-Rigolensysteme in das Grundwasser. Mit Verfügungen vom 30.03.2010, 16.07.2010, 29.09.2010, 10.12.2010 und vom 02.02.2011 ordnete die beklagte Stadt Baden-Baden gegenüber der klagenden Grundstückseigentümerin an, dass diese auf eigene Kosten zahlreiche Gefahrenerkundungs- und Sanierungsmaßnahmen (Einrichtung von Grundwassermessstellen, Ermittlung der Grundwasserfließrichtung, Vorplanung einer Grundwassersanierung, Errichtung und Betrieb einer Grundwassersanierungsanlage) durchzuführen habe und drohte der Grundstückeigentümerin zugleich die Durchführung der Ersatzvornahme an. Die Beklagte setzte in mehreren Fällen gegenüber der Klägerin die angedrohten Ersatzvornahmen fest. Für sämtliche Amtshandlungen wurden mit Bescheiden vom 30.07.2010, 02.08.2010, 13.10.2010, 22.10.2010, 16.12.2010 und 10.02.2011 von der Klägerin Gebühren in Höhe von insgesamt 4.200 EUR erhoben. Die Klägerin legte gegen die genannten Verfügungen und Bescheide jeweils erfolglos Widerspruch ein.
Mit ihrer am 25.10.2012 erhobenen Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, es sei ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte gerade sie - die Klägerin - als Störerin in Anspruch nehme. Denn die Belastungen des Grundwassers mit PFT seien nicht durch sie als Grundstückseigentümerin, sondern durch die Löscharbeiten der Feuerwehr verursacht worden, zumal der Einsatz von PFT-haltigem Löschschaum im Zeitpunkt des Löscheinsatzes bereits verboten gewesen sei. Es sei auch gar nicht notwendig gewesen, Löschschaum einzusetzen, weil keine Gefahr bestanden habe, dass der Brand auf das Nachbargebäude auf die übrige Bebauung übergreife. Schließlich sei ihre Inanspruchnahme auch deshalb ermessensfehlerhaft, weil sie gegen das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 GG) verstoße. Denn der im Zeitpunkt des Grundwasserschadens vorhandene Grundstückswert i.H.v. 300.000 EUR werde durch die Kosten der angeordneten Maßnahmen, welche sich auf 738.000.00 EUR beliefen, erheblich überschritten. In einem solchen Fall sei ihre Inanspruchnahme nicht mehr zumutbar. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat u.a. darauf hingewiesen, die Feuerwehr habe mit den Löscharbeiten ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllt. Sie - die Beklagte - sei daher nicht als Handlungsstörerin anzusehen. Der Einsatz von Löschschaum sei rechtmäßig und im konkreten Fall auch erforderlich gewesen. Die Inanspruchnahme der Klägerin sei nicht unverhältnismäßig, denn bei der Ermittlung des Grundstückswertes seien noch die aufstehenden Gebäude mit einem Wert von etwa 2,5 Mio EUR zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung dessen liege der Verkehrswert wesentlich über den Kosten der Sanierung.
In seinem Urteil vom 11.11.2014 hat das Verwaltungsgericht offen gelassen, ob die Beklagte - wegen des Tätigwerdens ihrer Feuerwehr - selbst Handlungsstörerin ist und insofern bei der Frage, wer für die Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen als Störer heranzuziehen ist, hätte einbezogen werden müssen. Es hat auch offen gelassen, ob die Mieterin der abgebrannten Lagerhalle ebenfalls als Störerin in die Auswahlentscheidung hätte einbezogen werden müssen. Denn die Verfügungen der Beklagten zur Gefahrenerkundung und Grundwassersanierung seien jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Zumutbarkeitsgrenzen bei der Zustandsstörerhaftung nicht hinreichend beachtet habe. Danach sei im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung die Belastung des zustandsverantwortlichen Eigentümers zu berücksichtigen und mit den betroffenen Gemeinwohlbelangen abzuwägen. Hierbei diene das Verhältnis des finanziellen Aufwandes für die angeordneten Maßnahmen zu dem Verkehrswert des betroffenen Grundstücks nach Durchführung der Sanierung als Anhaltspunkt. Zwar sei die Beklagte hier zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin als Grundstückseigentümerin zustandsverantwortlich sei, eine konkrete situationsbezogene fachkundige Bewertung des Verkehrswertes ihres Grundstücke sei jedoch unterblieben, obwohl auch nach Auffassung der Beklagten Sanierungskosten in Höhe von 1,176 Mio EUR angefallen seien und dem ein reiner Grundstückswert von 466.000 EUR gegenüber stehe. Die Kosten für den Neuaufbau der Gebäude nach dem Brand i.H.v. 2,5 Mio EUR gehörten nicht zu dem maßgeblichen Verkehrswert nach der Sanierung, denn diese Kosten resultierten nicht aus der Inanspruchnahme der Klägerin als Zustandsstörerin und stellten auch keinen Vorteil dar, in dessen Genuss die Klägerin durch die ihr aufgegebenen Maßnahmen gekommen sei. Da bei dieser Sachlage anzunehmen gewesen sei, dass im Falle der Klägerin die Zumutbarkeitsgrenzen der Zustandsstörerhaftung überschritten seien, hätte die Behörde - die Beklagte selbst oder das Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde - bei der Heranziehung der Klägerin entweder die Haftungshöhe einer nachfolgenden gesonderten Entscheidung vorbehalten oder bereits in den angefochtenen Bescheiden eine entsprechende Haftungsbegrenzung aussprechen müssen. Beides sei nicht geschehen. Dies führe zur Aufhebung der rechtlich nicht getrennt, sondern insgesamt zu betrachtenden Sanierungsanordnungen, der hierauf bezogenen Festsetzungsentscheidungen zur Ersatzvornahme sowie der zugehörigen Gebührenbescheide.
Das Urteil vom 11.12.2014 (Az.: 6 K 2682/12) ist nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Berufung zugelassen. Die Beklagte kann diese innerhalb eines Monats - gerechnet ab Zustellung des vollständigen Urteils - beim Verwaltungsgericht einlegen.
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