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Klage des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus wegen Löschung von Dateien überwiegend erfolgreich
Datum: 31.05.2013
Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 31.05.2013
Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat das Land Baden-Württemberg verpflichtet, drei Dateien mit „Arbeitskopien“ des Outlook-Postfachs des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus sowie sämtliche Kopien dieser Dateien zu löschen, nachdem diese dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut angeboten worden sind. Die - auf vorbehaltlose Löschung gerichtete - Klage von Stefan Mappus hatte somit überwiegend Erfolg, was in der Kostenentscheidung des Urteils zum Ausdruck kommt (3/4 der Kosten hat das Land zu tragen).
Im Herbst 2010 erstellte ein Mitarbeiter des IT-Bereichs des Staatsministeriums eine Kopie des auf dem Server dieses Ministeriums liegenden und Stefan Mappus zugewiesenen Original-Outlook-Postfachs. Dies geschah, weil technische Probleme bezüglich des elektronischen Terminkalenders dieses Postfachs aufgetreten waren. Nachdem der Fehler nicht hatte gefunden werden können, blieben die kopierten Postfach-Daten gespeichert. Demgegenüber wurden die Original-E-Mail-Accounts von Stefan Mappus nach dem Regierungswechsel auf dem Server des Staatsministeriums (endgültig) gelöscht. Erst im Sommer 2012 wurde das Staatsministerium auf die nach seinen Angaben zwischenzeitlich in Vergessenheit geratenen kopierten Dateien wieder aufmerksam.
Zur Begründung seines Anspruchs auf Löschung dieser Dateien mit „Arbeitskopien“ seines früheren Outlook-Postfachs macht Stefan Mappus geltend, personenbezogene Daten in Dateien seien nach dem Landesdatenschutzgesetz - LDSG - zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich sei. Dem hält das beklagte Land entgegen, sowohl die Speicherung der Dateien als auch deren Nutzung seien zur Erfüllung staatlicher Aufgaben erforderlich. Da Stefan Mappus seine dienstliche E-Mail-Korrespondenz nicht vollständig zu den Sachakten genommen habe, bedürfe es einer Auswertung des E-Mail-Postfachs. Dies gelte insbesondere für Vorgänge im Zusammenhang mit dem Ankauf von EnBW-Anteilen im Dezember 2010.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Stefan Mappus habe nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 Landesdatenschutzgesetz - LDSG - Anspruch auf Löschung der Daten in den von seinem damaligen Outlook-Postfach gefertigten „Arbeitskopien“, denn die Kenntnis dieser (unstreitig) personenbezogenen Daten sei für die speichernde Stelle (das Staatsministerium) zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich. Dies ergebe sich - ausschlaggebend - daraus, dass § 15 Abs. 4 LDSG einer Nutzung der Daten für den vom Land allein noch vorgesehenen Zweck, nämlich die Auswertung des kopierten E-Mail-Accounts auf aktenrelevante Vorgänge, entgegenstehe. Nach dieser Vorschrift dürften personenbezogene Daten, die - wie im vorliegenden Fall - ausschließlich zum Zweck der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert würden, nur für diesen Zweck genutzt werden. Sinn und Zweck dieser strikten Zweckbindung sei es, eine Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses zum Betroffenen und der Datensicherheit zu verhindern. Andernfalls würde die Akzeptanz der Erstellung von Sicherheitskopien im Hinblick auf die damit verbundene Ausweitung der Datenvorhaltung sinken, was der Datensicherheit abträglich wäre. § 15 Abs. 4 LDSG sei als Spezialvorschrift anzusehen, weshalb es nicht darauf ankomme, ob eine der in § 15 Abs. 2 LDSG aufgeführten Voraussetzungen für das weitere Speichern und Nutzen personenbezogener Daten für andere als die mit der ursprünglichen Speicherung verfolgten Zwecke vorliege. Ohne Erfolg berufe sich das Land daher darauf, es müssten mit Hilfe der kopierten E-Mail-Postfachdaten möglicherweise unrichtige Angaben von Stefan Mappus überprüft werden (§ 15 Abs. 2 Nr. 4 LDSG). Da § 15 Abs. 4 LDSG eingreife, sei es auch ausgeschlossen, die Daten im Hinblick auf die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße von Stefan Mappus auszuwerten.
Vor der von Stefan Mappus somit grundsätzlich zu Recht beanspruchten Löschung der Dateien seien allerdings die Daten gemäß § 23 Abs. 3 LDSG dem Landesarchiv zur Übernahme als Archivgut nach Maßgabe des § 3 Landesarchivgesetz anzubieten. Der in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommende „Vorrang des Archivrechts“ vor dem allgemeinen Datenschutzrecht begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken; denn dem Schutz der Persönlichkeit von Stefan Mappus werde nach den Vorschriften des Landesarchivgesetzes hinreichend Rechnung getragen. Stefan Mappus komme auch der Schutz des § 3 Abs. 2 S. 3 Landesarchivgesetz zugute. Danach seien die anbietungspflichtigen Unterlagen zu vernichten, wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehne oder nicht innerhalb eines Jahres über die Übernahme entschieden habe. Diese Jahresfrist sei derzeit noch nicht abgelaufen.
Das Urteil vom 27.05.2013 - 2 K 3249/12 - ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können hiergegen beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung einlegen.
- Zum Volltext der Entscheidung bitte hier klicken -
(1) Das Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten ist zulässig, wenn es
1. zur Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Stelle erforderlich ist und
2. für Zwecke erfolgt, für die die Daten erhoben worden sind; ist keine Erhebung vorausgegangen, dürfen die Daten nur für Zwecke genutzt werden, für die sie erstmals gespeichert worden sind.
(2) Das Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten für andere Zwecke ist nur zulässig, wenn
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4. Angaben des Betroffenen überprüft werden müssen, weil tatsächliche Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestehen,
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(4) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zum Zweck der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diesen Zweck und hiermit in Zusammenhang stehenden Maßnahmen gegenüber Bediensteten genutzt werden.
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§ 23 LDSG
(1) Personenbezogene Daten in Dateien sind zu löschen, wenn
1. ihre Speicherung unzulässig ist oder
2. ihre Kenntnis für die speichernde Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
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(3) Vor einer Löschung sind die Daten dem zuständigen Archiv nach Maßgabe der §§ 3, 7 und 8 des Landesarchivgesetzes zur Übernahme anzubieten.
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§ 3 LArchG
(1) Die Behörden, Gerichte und sonstigen Stellen des Landes bieten alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem Landesarchiv an.
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(2) Das Landesarchiv entscheidet im Benehmen mit der anbietenden Stelle über die Übernahme von Unterlagen, denen historischer Wert zukommt. Auswahl und Form der Übernahme maschinenlesbar gespeicherter Informationen und Programme vereinbart das Landesarchiv mit der anbietenden Stelle. Wenn das Landesarchiv die Übernahme ablehnt oder nicht innerhalb eines Jahres über die Übernahme entschieden hat, sind die Unterlagen zu vernichten, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Vernichtung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Vorher dürfen Unterlagen nur mit Zustimmung des Landesarchivs vernichtet werden.
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