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Jahrespressemitteilung
Datum: 10.04.2025
Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 10.04.2025
I. Geschäftsentwicklung
Das Geschäftsjahr 2024 war maßgeblich durch die politische Entscheidung geprägt, beim Verwaltungsgericht Karlsruhe zum 1. Juli 2024 drei spezialisierte Asylkammern mit landesweiter Zuständigkeit einzurichten, die nach ihrer Zielsetzung und Verfahrensausstattung auf die beschleunigte Bearbeitung einer Vielzahl von Asylverfahren aus sicheren Herkunftsstaaten beziehungsweise aus Herkunftsländern mit einer geringen Anerkennungsquote ausgerichtet sind. Infolgedessen sind die bereits im Vorjahr erheblich gestiegenen Asyleingänge im Jahr 2024 deutlich angestiegen. Zugleich war auch bei den allgemeinen Verfahren ein moderater Verfahrensanstieg zu verzeichnen, wobei als jahresspezifisch Klageverfahren wegen Corona-Soforthilfen, Rundfunkgebühren und – vorwiegend als Untätigkeitsklagen – wegen Einbürgerung hervorzuheben sind.
Im Zuge der Einrichtung der Asylkammern wurde der in den letzten Jahren vorgenommene Personalabbau gestoppt. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat für die drei Asylkammern neun neue Richterstellen erhalten, die vom Justizministerium bis zum Jahresende 2024 beinahe vollständig besetzt werden konnten. Mit dem zusätzlichen Richterpersonal und dank einer weiteren Steigerung der Erledigungen pro Arbeitskraft konnte trotz des erheblichen Zuwachses an Neueingängen die durchschnittliche Verfahrensdauer nicht nur in Asylverfahren, sondern auch in Allgemeinverfahren gesenkt oder auf gutem Niveau gehalten werden; Altverfahren waren kaum mehr vorhanden. Bereits zum 1. Januar 2023 war überdies zur Beschleunigung baurechtlicher Verfahren eine Planungskammer eingerichtet worden. Hierdurch konnte in den letzten beiden Jahren auch in diesem Bereich die Verfahrensdauer signifikant gesenkt werden.
Allerdings ist das Verwaltungsgericht Karlsruhe sowohl im richterlichen als auch im Unterstützungsbereich weiterhin personell unterbesetzt. Zugleich lässt sich bereits nach den ersten drei Monaten des Jahres 2025 – als Folge des hohen Verfahrensbestands an unerledigten Asylanträgen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – eine deutliche Zunahme der Zahl der gerichtlichen Asyleingänge feststellen. Zudem hat der Landtag das Gesetz „Schnelleres Bauen“ beschlossen, wonach das Widerspruchsverfahren in Angelegenheiten nach der Landesbauordnung und nach dem Denkmalschutzgesetz entfallen wird.[1] Dies wird ab Inkrafttreten Ende Juni 2025 sehr wahrscheinlich zu einem Anstieg verwaltungsgerichtlicher Bausachen führen. Angesichts dieser Gesamtbelastung sind im Jahr 2025 wieder längere Verfahrenslaufzeiten zu erwarten.
Die bereits durchgeführten oder in Angriff genommenen Digitalisierungsmaßnahmen
unterstützen eine effektive und zeitgemäße Verfahrensführung. Die Arbeit mit der elektronischen Verfahrens- und
Verwaltungsakte sowie der elektronische Rechtsverkehr sind am Verwaltungsgericht Karlsruhe inzwischen fest etabliert. Dies ermöglichte
es im Geschäftsjahr 2024, gemeinsam mit dem Justizministerium mit digitalen Assistenzsystemen die nächste Stufe
der Digitalisierung in Angriff zu nehmen. Mit der Einrichtung der Asylkammern wurde am Verwaltungsgericht Karlsruhe – als
„Vorschlag aus der Praxis für die Praxis“ – das Unterstützungstool ADA
(AsylaktenDurchdringungsAssistent) pilotiert und weiterentwickelt. ADA erkennt automatisiert bestimmte, für die
Bearbeitung eines Asylverfahrens relevante Informationen in der Bundesamtsakte und markiert diese Treffer mit einer Art „digitalem
Klebezettel“. Dadurch können erforderliche Daten schneller in den Systemen der Justiz erfasst und Akten vorstrukturiert werden,
was einen unmittelbaren Einstieg in die Fallbearbeitung ermöglich. ADA befindet sich seit Ende 2024 bei sämtlichen
Verwaltungsgerichten sowie dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im Echtbetrieb.
1. Verfahrenseingänge
Vor allem aufgrund der Einrichtung von drei Asylkammern mit landesweiter Zuständigkeit haben sich im Geschäftsjahr 2024 die Eingangszahlen im Asylbereich deutlich auf 5.314 Verfahren (2023: 3.154 Verfahren) erhöht. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um 68,48 %.
Die Hauptherkunftsländer waren die Türkei (633), Georgien (512), Syrien (499), Nordmazedonien (487), Tunesien (368), Afghanistan (347) und Algerien (252). Die
Zahl der Verfahren aus Syrien ist um rund 45 % gestiegen. Den größten Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr gab es bei Asylverfahren aus Georgien, deren Zahl sich infolge der landesweiten Zuständigkeit seit dem 1. Juli 2024 um 366 Eingänge steigerte und damit nahezu vervierfachte. Der deutliche Anstieg an Verfahren aus Tunesien und Algerien beruht ebenfalls auf der Zuständigkeitskonzentration, während die Anzahl an Verfahren aus Nordmazedonien, einem sicheren Herkunftsland, trotz dieses Umstands zahlenmäßig nahezu gleichgeblieben ist. Von den Neueingängen an Asylverfahren wurden 2.083 Verfahren (39,20 %) den drei Asylkammern zugewiesen.
Auch die Zahl der Eingänge sog. „Dublin-Verfahren“ ist – im Wesentlichen ebenfalls aufgrund der landesweiten Zuständigkeitskonzentration für bestimmte Herkunftsländer – gestiegen, und zwar um 19,39 % auf 1.170 Verfahren. In „Dublin-Verfahren“ wird lediglich darum gestritten, ob der in Deutschland gestellte Asylantrag unzulässig ist, etwa weil ein anderer EU-Mitgliedstaat für den Asylantrag zuständig ist.
Zur Entwicklung der Verfahrenseingänge im Asylbereich siehe in der Anlage Nr. 1.2 und 2.2.
Bei den allgemeinen Verfahren war im Geschäftsjahr 2024 erneut ein moderater Verfahrensanstieg auf 2.409 Verfahren (2023: 2.306 Verfahren) zu verzeichnen. Merklich zugenommen im Vergleich zum Vorjahr haben die Verfahrenseingänge aus dem Polizei- und Ordnungsrecht (405), wobei Verfahren wegen Einbürgerung mit 65 Eingängen – davon überwiegend Untätigkeitsklagen – die größte Gruppe bilden. Im Bereich des nahezu unverändert eingangsstarken Wirtschaftsrechts (378) hatten die Verfahren weiterhin im Wesentlichen Corona-Hilfen, insbesondere deren Rückforderung, zum Gegenstand (310). Hingegen waren bei den sozialrechtlichen Streitigkeiten die Eingangszahlen (230) im Vergleich zum Vorjahr wieder leicht rückläufig. Den größten Anteil darunter haben Verfahren, in denen unbegleitete junge Ausländer geltend machen, sie seien minderjährig, und deshalb eine vorläufige Inobhutnahme durch das Jugendamt begehren (57 Eingänge); außerdem gab es wieder eine erhebliche Zahl an Verfahren auf Nachweis eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung (36 Verfahren). Als jahresspezifisches Phänomen zu erwähnen ist schließlich ein Anstieg bei den Verfahren wegen Rundfunkbeiträgen auf 170 Eingänge (2023: 129 Verfahren).
Zu den Eingängen im Bereich der Allgemeinverfahren siehe in der Anlage Nr. 1.1 und 2.1.
2. Erledigungen
Die Zahl der Erledigungen im Asylbereich ist vor allem nach Einrichtung der drei Asylkammern im Vergleich zum Vorjahr um 70 % auf 4.884 Verfahren deutlich gestiegen. Der Anteil der Asylkammern an den Erledigungen betrug 30,51 % (1.490 Verfahren). Im VRS-Bereich bewegte sich die Zahl der Erledigungen seitwärts mit einer nur minimalen Verringerung um 0,91 % auf 2.180 Verfahren.
Zu den Erledigungen im Bereich der Allgemein- und Asylverfahren siehe in der Anlage Nr. 1.
3. Anhängige Verfahren
Die Erledigungszahlen konnten im Geschäftsjahr 2024 gleichwohl nicht mit den Eingangszahlen Schritt halten, mit der Folge, dass die Verfahrensbestände spürbar angewachsen sind, bei den Allgemeinverfahren auf 1.769 Verfahren (+ 14,87 %) und im Asylbereich auf 1.897 Verfahren (+ 29,31 %). Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass der wiedereingeleitete Personalaufwuchs im Richterbereich zum einen nachlaufend, zum anderen im Hinblick auf die massiv gestiegenen Verfahrenseingänge (noch) nicht ausreichend erfolgte. Am 31. Dezember 2024 waren am Gericht 46 Richterinnen und Richter tätig (im Jahresdurchschnitt: 36,22 Vollzeitstellen; Vorjahr: 34,28 Vollzeitstellen).
Zum Bestand siehe in der Anlage Nr. 1.
4. Verfahrensdauer
Sowohl bei den Allgemeinverfahren als auch bei den Asylverfahren konnte die durchschnittliche Verfahrensdauer der im Jahr 2024 erledigten Klageverfahren im zweiten Jahr in Folge erneut erheblich verringert beziehungsweise auf hohem Niveau stabil gehalten werden. Ein VRS-Hauptsacheverfahren dauerte nur noch 9,1 Monate (Vorjahr: 10,9 und 2022: 12,5 Monate), Asyl-Hauptsacheverfahren 5,3 Monate (Vorjahr: 6,8 und 2022: 12,4 Monate), bei Dublin-Verfahren 4,8 Monate. In den Asylkammern betrug die Verfahrensdauer einer Klage sogar nur 3,2 Monate.
VRS-Eilverfahren dauerten nur marginal länger als im Vorjahr, nämlich 2,3 Monate (Vorjahr: 2,1 und 2022: 2,7 Monate), was immer noch ein guter Wert ist. Zudem konnte die Dauer der Asyl-Eilverfahren erneut verringert werden auf 1,0 Monate (Vorjahr: 1,2 und 2022: 1,8 Monate), bei Dublin-Verfahren 1,1 Monate. In einer Asylkammer dauerte ein Eilverfahren lediglich 0,8 Monate.
Zur Verfahrensdauer siehe in Anlage Nr. 3.
5. Ausgang der Verfahren
Bei wertender Betrachtung der in der Anlage dargestellten Zahlen über den Ausgang der Verfahren ist im Asylbereich, in dem sich die Stattgabequote im Vergleich zum Vorjahr leicht verringert hat, zu berücksichtigen, dass die meisten der nicht streitig entschiedenen Verfahren durch Rücknahme oder Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht erledigt wurden. Bei Dublin-Verfahren ist der Anteil der nicht streitig entschiedenen Fälle ferner deshalb besonders hoch, weil hier nach Scheitern der fristgebundenen Möglichkeit der Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat das Verfahren in der Regel übereinstimmend für erledigt erklärt wird. Zu den stattgebenden Entscheidungen zählen auch solche, die dem Kläger oder Antragsteller keinen materiellen Status zusprechen, sondern aus formellen Gründen eine erneute Befassung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fordern.
Um Rückschlüsse auf das – im Vergleich zum Vorjahr prozentual nur unwesentlich verringerte
– Obsiegen der Kläger und Antragsteller in Allgemeinverfahren ziehen zu können, ist zu
berücksichtigen, dass zu den Verfahren, die nicht streitig entschieden werden mussten, auch solche zählen, die nach einem
Einlenken der Behörde für erledigt erklärt wurden oder in denen ein Vergleich geschlossen wurde. Ein Großteil dieser
unstreitigen Erledigungen beruht auf Klage- und Antragsrücknahmen.
Zum Ausgang der Verfahren siehe in der Anlage Nr. 4.
II. Personal
Im Jahr 2024 verfügte das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Richterbereich durchschnittlich über 36,22 AKA und damit über in Maßen mehr Arbeitskraft als im Vorjahr (34,28 AKA, Anstieg um 6%). Am 31. Dezember 2024 war der Personalbestand um 21 % von 38 auf 46 Personen oder von 34,96 auf 42,40 AKA erhöht worden. Sieben Richterinnen und Richter verließen im Jahr 2024 das Gericht und 16 Richterinnen und Richter kamen neu dazu.
Im nichtrichterlichen Bereich des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wurden zum Stichtag 31. Dezember 2024 in der Verwaltung, der Gebäudeverwaltung und im Servicebereich 36 Personen mit insgesamt 30,98 AKA beschäftigt (Vorjahr: 35 Personen mit 29,47 AKA). Auch wenn die vorhandenen Beschäftigten wie bisher hochmotiviert ihre Arbeit leisten, wird wegen der deutlich gestiegenen Verfahrenseingänge auch im Unterstützungsbereich dringend weiteres Personal notwendig sein, damit dieser Bereich nicht zum erledigungs- und verfahrenslaufzeithemmenden „Flaschenhals“ wird.
III. Pressestelle
Im Jahr 2024 hat die Pressestelle in 28 Pressemitteilungen – sowie in diesem Jahr in bislang fünf Pressemitteilungen – über den Ausgang von Verfahren informiert. Die Pressemitteilungen werden jeweils am Tag der Herausgabe auch auf die Homepage des Verwaltungsgerichts eingestellt.
Die Pressemitteilungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe können via RSS abonniert werden. Für sonstige Auskünfte zum Stand einzelner Verfahren standen und stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pressestelle des Verwaltungsgerichts jederzeit zur Verfügung.
IV. Ausblick auf einzelne anhängige Verfahren von allgemeinem Interesse
(Soweit bereits ein Entscheidungstermin in Aussicht genommen wurde, ist dies jeweils angegeben).
1. Karlsruhe: Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss „Änderung der Turmbergbahn“
Mehrere Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss „Änderung der Turmbergbahn
- Barrierefreier Umbau und Verlängerung der Standseilbahn in Karlsruhe-Durlach“ vom 25. Oktober 2024 des
Regierungspräsidiums Karlsruhe. Die Kläger sind (Mit-)Eigentümer von jeweils an die bestehende Trasse der Turmbergbahn
grenzenden Grundstücken. Sie sind der Auffassung, dass die zu erwartenden Schallimmissionen aus dem Fahrbetrieb der Bergbahn zur
Nachtzeit den maßgeblichen Immissionsrichtwert der TA überschreiten würden. Sie fordern, die Überschreitung der
zulässigen Immissionsrichtwerte zu unterlassen oder durch geeignete Schutzvorkehrungen, wie etwa ein nächtliches Betriebsverbot,
zu verhindern. Andererseits sind sie der Auffassung, der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig, weil durch die Seilbahn im Bereich
des Wolfwegs, dessen Fahrbahn die Trasse der Seilbahn überqueren solle, in unzulässiger Weise eine öffentliche Straße
benutzt werde (3 K 7997/24).
2. Karlsruhe: Erdwärme im Feld „Karlsruhe-Süd“
Die Klägerin ist ein privates Unternehmen, das Erdwärmeanlagen entwickelt und betreibt. Bis 2021 hatte sie eine bergrechtliche Erlaubnis zur Aufsuchung u.a. von Erdwärme, Sole und Lithium zu gewerblichen Zwecken im Feld „Karlsruhe-Süd" inne, deren Verlängerung sie begehrt. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau nahm eine Aufteilung des Feldes vor, nachdem eine Kooperation aus zwei weiteren Unternehmen Interesse an einem Teilbereich bekundet hatte. Den beiden Unternehmen wurde eine gemeinsame bergrechtliche Erlaubnis für das im Westen gelegene Teilgebiet „Karlsruhe Rheinhafen“ erteilt, während die Klägerin weiterhin über die Aufsuchungserlaubnis im übrigen Bereich – nunmehr „Karlsruhe Süd II“ – verfügt. Mit ihrer Klage begehrt sie die Verlängerung ihrer bis 2021 befristeten Erlaubnis und wendet sich zusätzlich gegen die Aufteilung des Gebiets sowie die den anderen, zum Verfahren beigeladenen Unternehmen erteilte Aufsuchungserlaubnis (3 K 3065/23).
Eine Verhandlung und Entscheidung ist für das dritte Quartal 2025 vorgesehen.
3. St. Leon-Rot: Klage auf Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle nahe der Schulturnhalle „Mönchsberg Sporthalle“
In zwei parallel gelagerten Fällen begehren die Kläger die Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben einer Wettvermittlungsstelle in St. Leon-Rot. Das Regierungspräsidium Karlsruhe versagte eine entsprechende Erlaubnis mit Bescheid vom 20. Juni 2023, weil sich im Abstand von 121 m Luftlinie die Mönchsberg Sporthalle befinde, die primär dem Schulsport gewidmet sei. Das Regierungspräsidium sieht hierin einen Verstoß gegen das Mindestabstandsgebot des Landesglücksspielgesetzes (5 K 2836/23 und 5 K 2785/23).
Eine Entscheidung ist im zweiten oder dritten Quartal 2025 vorgesehen.
4. Mannheim: Erkennungsdienstliche Behandlung wegen angeblicher islamistischer und antisemitischer Äußerungen bei Versammlungen der Organisation „Free Palestine Mannheim“
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Polizeipräsidiums Mannheims vom 26. März 2024 und dessen Widerspruchsbescheid, mit dem seine erkennungsdienstliche Behandlung in Form der Anfertigung von Finger- und Handflächenabdrücken, erkennungsdienstlicher Lichtbilder und der Beschreibung der äußerlichen Personenmerkmale angeordnet wurde. Hintergrund ist, dass der Kläger u.a. bei Versammlungen islamistische und antisemitische Äußerungen getätigt haben soll. Insbesondere soll er am 17. Dezember 2023 auf dem Marktplatz in Mannheim als Redner an der Versammlung der Organisationen „Free Palestine Mannheim" und „Zaytouna" zum Thema „Demonstration für einen sofortigen Waffenstillstand in Palästina" teilgenommen und dabei die Parole „von Mannheim bis nach Gaza - Yallah Intifada" in das Mikrofon gerufen haben. Zudem soll der Kläger die Parole „Kindermörder Israel" verwendet haben. Mehrere strafrechtliche Ermittlungsverfahren waren gegen den Kläger anhängig, wurden jedoch mehrheitlich bereits eingestellt oder es wurde der Erlass eines Strafbefehls abgelehnt. Der Kläger sieht in den angeordneten Maßnahmen einen ungerechtfertigten Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und hält die Maßnahmen für ungeeignet, weil er öffentlich und stets deutlich erkennbar als Redner auftrete (5 K 3942/24).
Eine Entscheidung ist im zweiten Quartal 2025 beabsichtigt.
5. Duale Hochschule Baden-Württemberg:
Teilnahme der Funktionsleistungsbezüge der Rektorinnen und Rektoren an den regelmäßigen Besoldungsanpassungen
Die Kläger sind Rektorinnen und Rektoren an verschiedenen Standorten der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Die Klagen richten sich gegen die Ablehnung einer Nachzahlung der Besoldungsanpassungen für die Zeit vor dem 1. Januar 2018.
Hintergrund der Verfahren ist ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28. September 2021 (Az.: 4 S 282/21), wonach Funktionsleistungsbezüge ruhegehaltsfähig seien. Zwar hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht ausdrücklich zur Frage geäußert, ob die Funktionsleistungsbezüge an den Besoldungsanpassungen teilnehmen. Da jedoch der Wortlaut der Regelungen zur Ruhegehaltsfähigkeit und der Dynamisierung der Besoldung identisch ist, hat sich das beklagte Land, vertreten durch die Duale Hochschule Baden-Württemberg, entschlossen, teilweise eine Nachzahlung zu gewähren. Für die Zeit vor dem 1. Januar 2018 hat sich der Beklagte jedoch auf die Einrede der Verjährung berufen, die im Besoldungsrecht nach drei Jahren eintrete.
Die Kläger halten die Voraussetzungen der Verjährung nicht für gegeben und sehen in der
Erhebung der Einrede einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (6 K 3217/23, 6 K 3218/23 und 6 K 3219/23). Nach Angaben
der Beteiligten sind bei den Verwaltungsgerichten Stuttgart und Sigmaringen entsprechende Klagen anhängig. Das Verwaltungsgericht
Freiburg hat eine entsprechende Klage mit Urteil vom 18. Februar 2025 bereits abgewiesen.
6. Baden-Württemberg: Ausweisung wegen Straftaten
Der Kläger, pakistanischer Staatsbürger, reiste im Jahr 2014 nach Deutschland ein. Er ist seit November 2019 aufgrund der Ablehnung seines Asylantrags vollziehbar ausreisepflichtig, besitzt allerdings wegen familiärer Belange eine Duldung. Der Kläger ist Vater einer Tochter im Schulkindalter mit deutscher Staatsbürgerschaft, die bei ihrer Mutter lebt. Seine Verlobte lebt ebenfalls in Deutschland.
Der Kläger trat mehrfach strafrechtlich in Erscheinung. Neben kleineren Delikten wurde er zuletzt im März 2023 rechtskräftig wegen der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige sowie der Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Kläger befindet sich derzeit in Haft.
In den zwei Jahren vor seiner Inhaftierung hatte der Kläger eine befristete Anstellung mit Aussicht auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag und mithilfe des Jugendamts regelmäßigen Kontakt zu seiner Tochter.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Kläger mit Verfügung vom 1. März 2024 aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Zur Begründung führte es aus, wegen der begangenen Straftaten überwiege das öffentliche Ausweisungsinteresse das Interesse des Klägers am weiteren Verbleib im Bundesgebiet.
Der Kläger hat gegen die Ausweisung Klage erhoben und macht geltend, die Ausweisung sei unverhältnismäßig (8 K 1399/24).
Über die Klage wird am 20. Mai 2025 mündlich verhandelt.
7. Baden-Württemberg: Widerruf der Flüchtlingseigenschaft wegen Straftaten
Der Kläger ist staatenloser Palästinenser aus Syrien. Er reiste 2015 nach Deutschland ein. Nach eigenen Angaben verließ er Syrien, um keinen Militärdienst leisten zu müssen. 2017 wurde ihm als staatenlosem Palästinenser die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.
2021 wurde der Kläger wegen besonders schweren Raubes schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Zuvor trat er bereits mehrfach in Bezug auf unerlaubte Betäubungsmittel strafrechtlich in Erscheinung.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge widerrief mit Bescheid vom 25. Januar 2023 die Flüchtlingseigenschaft des Klägers und erkannte ihm den subsidiären Schutzstatus nicht zu. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei von beiden Möglichkeiten des internationalen Schutzes ausgeschlossen, weil aufgrund der Verurteilung die Annahme gerechtfertigt sei, dass er eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte jedoch wegen der damaligen Lage in Syrien ein Abschiebungsverbot fest.
Gegenstand der Klage ist nur der Widerruf der Flüchtlingseigenschaft und der Ausschluss vom subsidiären Schutz. Das vom Bundesamt festgestellte Abschiebungsverbot hat dagegen bislang weiter Bestand (A 8 K 1819/24).
Über die Klage wird am 22. April 2025 mündlich verhandelt.
8. Deutschland: Nachversicherung bei Ausscheiden aus dem Bundesdienst
Der Kläger begehrt einen finanziellen Ausgleich für den Verlust der Altersversorgung beim Ausscheiden aus dem Bundesdienst.
Er stand seit August 1983 bis Ende Juli 2012 als Zollbeamter im Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland. Im Jahr 2012 beantragte er seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und gleichzeitig die Übertragung seiner Versorgungsansprüche aus der Nachversicherung auf das Pensionssystem der EU-Kommission. Die Beklagte entsprach diesen Anträgen. Die Nachversicherung des Klägers in der Deutschen Rentenversicherung wurde Anfang August 2012 durchgeführt.
Den im Jahr 2020 gestellte Antrag des Klägers, ihm einen Ausgleich der Nachteile aufgrund der europarechtswidrigen Nachversicherung entsprechend den Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 4. Mai 2022 (Az. 2 C 3.21) zu gewähren, hat die Beklagte mit Bescheid der Generalzolldirektion im Oktober 2022 abgelehnt und den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers mit deren Widerspruchsbescheid im Juli 2023 zurückgewiesen. Ein Antrag auf Nachteilsausgleich könne erst dann gestellt werden, wenn ein Nachteil tatsächlich entstanden sei und auch beziffert werden könne. Beides sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht der Fall.
Der Kläger hat Ende Mai 2023 Klage erhoben. Das Nachversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (Urteil vom 13.07.2016, C-187/15) und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie der unionsrechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit europarechtswidrig (8 K 2095/23).
Eine Entscheidung ist in der zweiten Jahreshälfte 2025 geplant.
9. Enzkreis: Erlaubnis zum gemeinschaftlichen Eigenanbau und Weitergabe von Cannabis
Bei dem Kläger handelt es sich um eine Anbauvereinigung im Sinne des Konsumcannabisgesetzes (KCanG). Das für Baden-Württemberg zentral zuständige Regierungspräsidium Freiburg hat dem Kläger mit Bescheid vom 27. November 2024 die Erlaubnis zum nichtgewerblichen gemeinschaftlichen Eigenanbau von Cannabis erteilt, dabei jedoch mehrere Auflagen verfügt, wie (unter anderem) eine Verpflichtung des Klägers, der Erlaubnisbehörde etwaige künftige Satzungsänderungen vor Eintragung in das Vereinsregister vorzulegen, in Abständen aktuelle Finanzberichte einschließlich einer Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben sowie aktueller Mitgliederzahlen zur Plausibilisierung einer Betriebsführung nach dem Prinzip der Selbstkostendeckung vorzulegen, eine telefonische Rufbereitschaft zur Sicherstellung effektiver Vor-Ort-Kontrollen einzurichten und innerhalb maximal 30 Minuten nach telefonischer Ankündigung einer Vor-Ort-Kontrolle zu erscheinen und der Überwachungsbehörde Zugang zu gewähren. Zudem wurde eine Vergütung von Vorstandsmitgliedern über eine geringfügige Beschäftigung hinaus für unzulässig erklärt.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Klage. Er hält die Auflagen für rechtswidrig und argumentiert, dass das KCanG insbesondere keine tauglichen Rechtsgrundlagen hierfür enthalte. Es entstehe der Anschein, dass die Auflagen einem grundsätzlichen Misstrauen des Beklagten gegenüber dem Kläger zuzuschreiben seien, für das es keine tatsächlichen Anhaltspunkte gebe. Der klägerische Verein plant in Zukunft insbesondere die Einstellung entgeltlich beschäftigter Personen außerhalb der Tätigkeitsbereiche im Anbau und der Weitergabe von Cannabis; die Vorstandsmitglieder sollen in Zukunft ein angemessenes Gehalt für ihre administrativen Tätigkeiten außerhalb des Anbaus und der Abgabe von Cannabis erhalten.
Ähnlich gelagerte Verfahren sind in der 1. Kammer sowie – soweit bekannt – an den
Verwaltungsgerichten Freiburg und Stuttgart anhängig (9 K 7631/24).
10. Enzkreis: Aufenthaltsverbot gegen österreichischen Aktivisten und Autor
Der Kläger ist ein österreichischer Staatsbürger und wendet sich im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen ein von der Gemeinde Neulingen für die Zeit vom 3. August 2024, 00:00 Uhr, bis Sonntag, 4. August 2024, 12:00 Uhr, ausgesprochenes Aufenthaltsverbot. Zur Begründung führte die Gemeinde aus, dass der Kläger im Rahmen seiner „Lesereise Remigration“ auch eine Lesung zu seinem Buch „Remigration ein Vorschlag“ am 3. August 2024 in Neulingen geplant gehabt hatte, bei der damit zu rechnen gewesen sei, dass er Straftaten – wie beispielsweise eine Volksverhetzung – begehen werde. Die Beklagte trägt auch vor, dass nach einem Behördenzeugnis des Bundesamts für Verfassungsschutz vom Kläger aufgrund der von ihm vertretenen verfassungswidrigen Positionen in Verbindung mit seiner hohen Reichweite, seines Einflusses sowie seinen zahlreichen Unterstützern und Anlaufstellen in der Bundesrepublik Deutschland eine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgehe.
Der Kläger meint hingegen unter anderem, der Bescheid sei rechtswidrig, weil nicht im Ansatz dargetan sei, welche Straftaten zu erwarten gewesen seien. Auch bewege sich alles, was die Beklagte gegen ihn vorbringe, im Rahmen seines Grundrechtrechts auf freie Meinungsäußerung und nicht im Bereich des Strafgesetzbuchs.
Die Kammer wird das Verfahren, in dem die Beteiligten derzeit im vorbereitenden Verfahren Schriftsätze
einreichen, voraussichtlich im Sommer/Herbst 2025 terminieren (9 K 4719/24).
11. Neckar-Odenwald-Kreis: Klage auf Ausweisung eines Vogelschutzgebiets für Schwarzstorch im „östlichen badischen Odenwald“
Die Initiative Hoher Odenwald - Verein für Landschaftsschutz und Erhalt der Artenvielfalt e.V., eine anerkannte Umweltvereinigung, klagt gegen das Land Baden-Württemberg auf Erklärung des Gebiets „östlicher badischer Odenwald“ zum besonderen Vogelschutzgebiet. Die Ausweisung soll dem Schutz des Schwarzstorchs und der Umsetzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie dienen. Erfasst werden soll das Gebiet vom nördlichen Stadtrand von Eberbach entlang der Landesgrenze von Baden-Württemberg zu Hessen und Bayern bis zur Landkreisgrenze zwischen dem Neckar-Odenwald-Kreis und dem Main-Tauber-Kreis bei Hardheim einschließlich der Gemeindegebiete von Limbach, Buchen und Walldürn (12 K 6552/24).
Die Klage ist am 4. November 2024 eingegangen. Daher kann frühestens mit einer Verhandlung im 3. oder
4. Quartal 2025 gerechnet werden.
12. Mosbach: Klage der Stadt gegen ihren früheren Oberbürgermeister auf Schadensersatz
Die Große Kreisstadt Mosbach klagt gegen ihren früheren Oberbürgermeister auf Schadenersatz in Höhe von 40.666,51 Euro. Er habe vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Dienstpflicht verletzt, weil er in ihrem Namen ohne Beteiligung des Gemeinderats einen Dienstwagenüberlassungsvertrag mit einem ehemaligen städtischen Bediensteten geschlossen habe. In dem Vertrag habe sich die Stadt dazu verpflichtet, alle notwendigen mit dem Betrieb des Fahrzeugs verbundenen Kosten zu tragen. Für diese Kosten habe sie mit dem Gemeindehaushalt aufkommen müssen. Der frühere Oberbürgermeister habe gegen die Kompetenzordnung der Gemeinde und gegen das Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verstoßen (12 K 7995/24).
Die Klageerwiderung steht noch aus. Mit einer Terminierung ist frühestens im 2. Halbjahr 2025 zu
rechnen.
13. Baden-Württemberg: Rückforderung von Corona-Soforthilfen
Bei der 14. Kammer ist eine Vielzahl an Verfahren aus dem Eingangsjahr 2024 anhängig, in denen um die Rechtmäßigkeit von Widerrufs- und Erstattungsbescheiden der Landeskreditbank Baden-Württemberg (L-Bank) hinsichtlich einer zunächst gewährten Corona-Soforthilfe gestritten wird. Die Bewilligungsbescheide, die entweder aufgrund der Soforthilfe-Richtlinie vom 22. März 2020 oder der Verwaltungsvorschrift Corona-Soforthilfe vom 8. April 2020 ergangen sind, enthielten nach Rechtsauffassung der L-Bank als Nebenbestimmung eine an den Leistungsempfänger gerichtete Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht. Kam der Subventionsempfänger der Aufforderung der L-Bank zur Teilnahme am sog. Rückmeldeverfahren nicht nach, erließ diese einen Widerrufs- und Erstattungsbescheid. Im Rahmen der Klageverfahren wird zu klären sein, ob und, wenn ja, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen die fehlende Mitwirkung am Rückmeldeverfahren innerhalb der dafür gesetzten Ausschlussfrist die L-Bank berechtigte, die zunächst gewährten Billigkeitsleistungen zurückzufordern.
Die Kammer wird angesichts einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle am Verwaltungsgericht Karlsruhe,
welche teilweise zum Ruhen gebracht wurden, einzelne dieser Verfahren mit Einverständnis der Beteiligten als Musterverfahren
auswählen und beabsichtigt eine Entscheidung im zweiten Halbjahr 2025.