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Pressemitteilung vom 16.04.2024

Datum: 16.04.2024

Kurzbeschreibung: Jahrespressemitteilung

I. Geschäftsentwicklung


Das Geschäftsjahr 2023 war beim Verwaltungsgericht Karlsruhe neben der Übernahme der Gerichtsleitung durch Herrn Präsidenten Christian Pohl zum 29. März 2023 durch steigende Eingangszahlen und einen erneuten erheblichen Personalabbau geprägt.


Arbeitsschwerpunkt beim Verwaltungsgericht Karlsruhe im Geschäftsjahr 2023 war es, mit dem deutlich reduzierten Personal die steigende Zahl an Verfahren zu bewältigen.


Dies ist insoweit gelungen, als der Bestand an Altverfahren verringert und die Verfahrenslaufzeiten verkürzt werden konnten. Ein Anwachsen der Zahl der anhängigen Verfahren und ein Rückgang der Gesamtzahl an Erledigungen konnte aber mit dem verringerten Personal nicht verhindert werden. Die sich klar abzeichnende Tendenz zu einer weiteren Erhöhung der Verfahrenseingänge lässt ohne personelle Verstärkung erwarten, dass im Jahr 2024 die Verfahrenslaufzeiten wieder ansteigen werden.


Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat zum 1. Januar 2023 eine so genannte Planungskammer eingerichtet (vgl. PM vom 05.02.2024). Durch den Einsatz von mehr richterlichem Personal für bestimmte baurechtliche Verfahren konnten die entsprechenden Bearbeitungszeiten im Jahr 2023 auf 11,9 Monate in Klageverfahren und 2,7 Monate in Eilverfahren deutlich verkürzt werden.


Die Einführung der elektronischen Gerichtsakte am Verwaltungsgericht Karlsruhe ist praktisch abgeschlossen. Zum 31. Dezember 2023 wurden lediglich 11 Verfahren noch als Papierakten geführt. Soweit die Kommunikation mit anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten auf dem Postweg erfolgt, übermittelt das Verwaltungsgericht Karlsruhe seit dem 2. Mai 2023 und damit als erstes Gericht im Land die Dokumente aus der elektronischen Gerichtsakte an ein zentrales Druck- und Versandzentrum (DVZ), wo sie automatisiert ausgedruckt und versandt werden. Nunmehr wird am Verwaltungsgericht Karlsruhe der unterstützende Einsatz von KI-Werkzeugen zur Strukturierung elektronisch vorgelegter Behördenakten in Angriff genommen.


1. Verfahrenseingänge


Im Geschäftsjahr 2023 haben sich die Eingangszahlen im Asylbereich wieder deutlich, im Vergleich zum Vorjahr um 29,16 % erhöht. Mit 3.154 neuen Verfahren wurde der höchste Wert seit dem Jahr 2019 erreicht, wenn auch bei weitem noch nicht der Rekordwert im Jahr 2017 mit 14.262 neuen Verfahren.


Die Hauptherkunftsländer waren im Geschäftsjahr 2023 Nordmazedonien (485), die Türkei (431), Syrien (353), Afghanistan (266) und der Irak (255). Den größten Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr gab es bei Asylverfahren aus der Türkei, deren Zahl sich um 186 Eingänge steigerte (76 %). Auch die Verfahren aus Nordmazedonien, einem sicheren Herkunftsstaat, haben im Vergleich zum Vorjahr um 149 Verfahren deutlich zugenommen. Zu den Hauptherkunftsländern gehörte anders als im Vorjahr ferner Afghanistan (Steigerung um 70 %). Dagegen hat sich die Zahl an Neueingängen von Asylklägern aus Nigeria und dem Irak deutlich verringert.


Die Zahl der Eingänge sog. „Dublin-Verfahren“ ist im Jahr 2023 erneut und zwar sogar um 59,61 % gestiegen und belief sich nun auf 980 Verfahren. Das sind 31 % aller neu eingegangenen Asylverfahren (25 % im Jahr 2022). In „Dublin-Verfahren“ wird lediglich darum gestritten, ob der in Deutschland gestellte Asylantrag unzulässig ist, etwa weil ein anderer EU-Mitgliedstaat für den Asylantrag zuständig ist.


Zur Entwicklung der Verfahrenseingänge im Asylbereich siehe in der Anlage Nr. 1.2 und 2.2.


Auch bei den allgemeinen Verfahren ist seit dem Jahr 2020 erstmals wieder ein Anstieg der Neueingänge im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Im Geschäftsjahr 2023 betrug deren Zahl 2.306 Verfahren (2022: 2.048 Verfahren), was einer Steigerung von 12,6 % entspricht. Die meisten Eingänge stammten aus dem Bereich des Wirtschaftsrechts (416) und stellen im Wesentlichen Klagen wegen „Corona-Hilfen“ (304, im Jahr 2022 nur 44 Verfahren), überwiegend gegen deren Rückforderung, dar. Bei den sozialrechtlichen Verfahren gab es erneut einen Zuwachs auf nunmehr 264 Verfahren (im Vorjahr noch 180 Verfahren). Den größten Anteil darunter haben Verfahren, in denen unbegleitete junge Ausländer geltend machen, sie seien minderjährig, und deshalb eine Inobhutnahme durch das Jugendamt begehren (103 Eingänge). Außerdem gab es wieder eine erhebliche Zahl an Verfahren auf Nachweis eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung (23 Verfahren).


Zu den Eingängen im Bereich der Allgemeinverfahren siehe in der Anlage Nr. 1.1 und 2.1.


2. Erledigungen


Trotz der massiven Verringerung des richterlichen Personals um durchschnittlich ein Drittel blieb das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit insgesamt 5.073 Erledigungen im Geschäftsjahr 2023 lediglich um 4,7 % hinter dem Niveau des Vorjahres zurück. Im VRS-Bereich konnte die Zahl der Erledigungen aus dem Vorjahr (2.354) nicht gehalten werden (2023: 2.200, Rückgang um 6,54 %). Im Asylbereich gingen die Erledigungen um 3,23 % zurück (2022: 2.969, 2023: 2.873 erledigte Verfahren).


Zu den Erledigungen im Bereich der Allgemein- und Asylverfahren siehe in der Anlage Nr. 1.



3. Anhängige Verfahren


Durch den verringerten Personalbestand ist die Zahl der am Jahresende 2023 anhängigen Verfahren im Vergleich zum Vorjahr im Bereich der allgemeinen Verfahren leicht (um 7,39% auf 1.540 Verfahren) und im Asylbereich deutlich (um 23,69 % auf 1.467 Verfahren) angewachsen.


Zum Bestand siehe in der Anlage Nr. 1.


4. Verfahrensdauer


Sowohl bei den Allgemeinverfahren als auch bei den Asylverfahren konnte die durchschnittliche Verfahrensdauer der im Jahr 2023 erledigten Klageverfahren erheblich verringert werden. Ein VRS-Hauptsacheverfahren dauerte nur noch 10,9 Monate (Vorjahr: 12,5 Monate), Asyl-Hauptsacheverfahren 6,8 Monate (Vorjahr: 12,4 Monate). VRS-Eilverfahren verkürzten sich auf 2,1 Monate (Vorjahr: 2,7 Monate) und Asyl-Eilverfahren auf 1,2 Monate (Vorjahr: 1,8 Monate).


Zur Verfahrensdauer siehe in Anlage Nr. 3.


5. Ausgang der Verfahren


Bei wertender Betrachtung der in der Anlage dargestellten Zahlen über den Ausgang der Verfahren ist im Asylbereich zu berücksichtigen, dass die meisten der nicht streitig entschiedenen Verfahren durch Rücknahme oder Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht erledigt wurden. Bei Dublin-Verfahren ist der Anteil der nicht streitig entschiedenen Fälle ferner deshalb besonders hoch, weil hier nach Scheitern der fristgebundenen Möglichkeit der Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat das Verfahren in der Regel übereinstimmend für erledigt erklärt wird. Zu den stattgebenden Entscheidungen zählen auch solche, die dem Kläger oder Antragsteller keinen materiellen Status zusprechen, sondern aus formellen Gründen eine erneute Befassung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fordern. Letzteres ist in Dublin-Verfahren der Fall, die eine fast doppelt so hohe Stattgabequote aufweisen wie andere Asylverfahren, was allerdings lediglich zur Folge hat, dass über den Asylantrag von Deutschland inhaltlich entschieden werden muss.


Um Rückschlüsse auf das - im Vergleich zum Vorjahr prozentual nur unwesentlich veränderte - Obsiegen der Kläger und Antragsteller in Allgemeinverfahren ziehen zu können, ist zu berücksichtigen, dass zu den Verfahren, die nicht streitig entschieden werden mussten, auch solche zählen, die nach einem Einlenken der Behörde für erledigt erklärt wurden oder in denen ein Vergleich geschlossen wurde. Ein Großteil dieser unstreitigen Erledigungen beruht jedoch auf Klage- und Antragsrücknahmen (398 Rücknahmen in Klageverfahren - 28,13 % aller Erledigungen - und 163 Rücknahmen bei Eilanträgen - 22,83 % aller Erledigungen).


Zum Ausgang der Verfahren siehe in der Anlage Nr. 4.


II. Personal


Im Jahr 2023 verfügte das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Richterbereich durchschnittlich nur über 34,28 AKA und damit deutlich weniger Arbeitskraft als im Vorjahr (51,43 AKA, Rückgang um 33 %). Zum Stichtag 31. Dezember 2023 war der Personalbestand um 15 % von 45 auf 38 Personen oder von 40,90 auf 34,96 AKA zurückgegangen.


Hinzukam eine in Bezug auf die absolute Personenzahl erhebliche Fluktuation: 19 Richterinnen und Richter verließen im Jahr 2023 das Gericht und 12 Richterinnen und Richter kamen neu dazu.


Im nichtrichterlichen Bereich des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wurden zum Stichtag 31. Dezember 2023 in der Verwaltung, der Gebäudeverwaltung und im Servicebereich 35 Personen mit insgesamt 29,47 AKA beschäftigt (Vorjahr: 42 Personen mit 37,67 AKA). Der Rückgang betraf vor allem die Unterstützungskräfte für die Richterinnen und Richter. Der erhebliche Abbau an richterlichem Personal wurde hier entsprechend nachvollzogen und führte zu einer Reduktion von 30 Personen auf 26 Personen oder von 27,25 AKA auf 20,05 AKA.



III. Pressestelle


Im Jahr 2023 hat die Pressestelle in 18 Pressemitteilungen - sowie in diesem Jahr in bislang vier Pressemitteilungen - über den Ausgang von Verfahren informiert. Die Pressemitteilungen werden jeweils am Tag der Herausgabe auch auf die Homepage des Verwaltungsgerichts eingestellt.


Zukünftig werden zudem auf der Homepage des Gerichts verstärkt Verhandlungstermine angekündigt werden.


Die Pressemitteilungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe können ebenso wie die Terminvorschau via RSS abonniert werden. Für sonstige Auskünfte zum Stand einzelner Verfahren standen und stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pressestelle des Verwaltungsgerichts jederzeit zur Verfügung.


IV. Ausblick auf einzelne anhängige Verfahren von allgemeinem Interesse


(Soweit bereits ein Entscheidungstermin in Aussicht genommen wurde, ist dies jeweils angegeben).


1. Mannheim und Heidelberg: Corona-Hilfe für Hotels


In diesem Verfahren begehrt die Klägerin, die in Mannheim und in Heidelberg zwei Hotels betreibt, höhere Zuwendungen des Landes Baden-Württemberg aus dem Programm „Corona-Novemberhilfe“, insbesondere für die Grundstücksmieten der Hotelgrundstücke während der pandemiebedingten Schließung der Hotels, in Höhe von etwa 620.000 Euro. Dies wurde seitens des Landes mit der Begründung versagt, dass die Vermieter familiär mit den Betreibern - den Gesellschaftern der Klägerin - verbunden seien und insoweit füreinander einzustehen hätten. (1 K 2711/23)


2. Mannheim: Corona-Hilfe für Veranstaltungsarena


Es geht um einen Antrag der Betriebsgesellschaft einer Multifunktionsarena in Mannheim auf Zuwendungen des Landes Baden-Württemberg aus dem Programm „Corona-Novemberhilfe“ in Höhe von 1.603.351,57 Euro. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob sich der Unternehmensverbund auch auf weitere Kommanditgesellschaften erstreckt und ob Umsatzeinbußen aus Ticketverkäufen im Profisport als „direkt betroffen“ von den corona-bedingten Schließungsmaßnahmen einzustufen sind. (1 K 4020/23)


3. Pforzheim: Abstimmung im Gemeinderat über Wirtschaftsplan des EPVB


Die Gemeinderatsfraktion der FDP wendet sich gegen die Handhabung der Geschäftsordnung des Gemeinderats in dessen Sitzung am 14.02.2023. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass eine Abstimmung über den Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Pforzheimer Verkehrs- und Bäderbetriebe (EPVB) rechtswidrig erfolgt sei. Der Oberbürgermeister und der Gemeinderat hätten die Geschäftsordnung verletzt, weil sie einen Änderungsantrag der Klägerin zum Wirtschaftsplan nicht mehr zur Abstimmung zugelassen hätten, nachdem zuvor eine Vorlage der Verwaltung zu diesem Thema angenommen worden sei. Ferner solle künftig vor der Abstimmung über Vorlagen der Gemeindeverwaltung zunächst über etwaige Änderungs- und Ergänzungsanträge abgestimmt werden. (2 K 155/24)


4. Pforzheim: Schließung von Seniorenwohngemeinschaften


Die Antragstellerin wendet sich mit einem Eilantrag gegen Betriebsuntersagungen für zwei sog. Seniorenwohngemeinschaften. Die Heimaufsichtsbehörde der Stadt Pforzheim untersagte der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Betrieb der Einrichtungen und räumte ihr eine Frist für die Abwicklung des Betriebs ein. Außerdem untersagte sie ihr, neue Bewohnerinnen und Bewohner aufzunehmen. Es handle sich nicht um ambulant betreute Wohngemeinschaften, weil es an der dafür nötigen teilweisen Selbstverantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner fehle. Sie könnten nicht frei entscheiden, andere Pflegedienste als den der Antragstellerin in Anspruch zu nehmen. Auch gebe es kein Bewohnergremium, das über die Alltagsgestaltung, etwa die Essensplanung, entscheide. Die strengeren Anforderungen für stationäre Einrichtungen seien nicht erfüllt. So erfolgten Pflegeleistungen auch durch die hierfür nicht qualifizierte Präsenzkraft und seien die baulichen Vorgaben nicht gewahrt.


Eine Entscheidung wird voraussichtlich im 2. Quartal 2024 ergehen. (2 K 411/24).


5. Deutschland: Auskunft zum Anlagenportfolio der VBL


Der Kläger begehrt von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) Auskünfte zu dem Anlagenportfolio der von dieser im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung für den öffentlichen Dienst betriebenen Pflichtversicherungen. Er stützt diesen Anspruch u.a. auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes.


Eine mündliche Verhandlung ist für die zweite Jahreshälfte 2024 vorgesehen. (3 K 70/23)


6. Karlsruhe: Erdwärme im Feld „Karlsruhe-Süd“


Die Klägerin ist ein privates Unternehmen, das Erdwärmeanlagen entwickelt und betreibt. Bis 2021 hatte sie eine bergrechtliche Erlaubnis zur Aufsuchung u.a. von Erdwärme, Sole und Lithium zu gewerblichen Zwecken im Feld „Karlsruhe-Süd" inne, deren Verlängerung sie begehrt. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau nahm eine Aufteilung des Feldes vor, nachdem eine Kooperation aus zwei weiteren Unternehmen Interesse an einem Teilbereich bekundet hatte. Den beiden Unternehmen wurde eine gemeinsame bergrechtliche Erlaubnis für das im Westen gelegene Teilgebiet „Karlsruhe Rheinhafen“ erteilt, während die Klägerin weiterhin über die Aufsuchungserlaubnis im übrigen Bereich - nunmehr „Karlsruhe Süd II“ - verfügt. Mit ihrer Klage wendet sie sich gegen die Aufteilung des Gebiets sowie die den anderen, zum Verfahren beigeladenen Unternehmen erteilte Aufsuchungserlaubnis. (3 K 3065/23)


7. Philippsburg: Atomrechtliche Unzuverlässigkeit eines Elektrikers


Der Kläger, der als Elektrikermeister mit dem Rückbau des stillgelegten Kernkraftwerks Philippsburg befasst ist, wendet sich gegen einen Bescheid des baden-württembergischen Umweltministeriums, in dem dieses unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Feststellung getroffen hat, dass der Kläger nicht über die erforderliche atomrechtliche Zuverlässigkeit verfügt. Dem lag eine Mitteilung des Landesamtes für Verfassungsschutz zugrunde, das den Kläger als sog. Reichsbürger einstufte, nachdem er ein „szenetypisches“ Schreiben an die Staatsanwaltschaft Karlsruhe geschickt hatte. Zuvor hatte der Kläger Anfang 2022 an zwei von der Stadt Bruchsal durch Allgemeinverfügung verbotenen „Montagsspaziergängen“ teilgenommen, in deren Folge er vom Amtsgericht Bruchsal rechtskräftig wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Der Kläger verneint jegliche Verbindung zur Reichsbürgerszene und bestreitet die ihm zur Last gelegten Straftaten.


Mit Beschluss vom 29. Dezember 2023 - 4 K 2585/23 - hat die 4. Kammer den Antrag des Klägers auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt, gegen den der Kläger zunächst Beschwerde erhoben, diese aber zwischenzeitlich wieder zurückgenommen hat. (4 K 2584/23)


8. Baden-Baden: Ganzjähriges Betretungsverbot für Battertfelsen


Die Kläger in vier Verfahren wenden sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Allgemeinverfügung der Stadt Baden-Baden vom 12.12.2022, mit der das bereits durch eine frühere Allgemeinverfügung vom 19.04.2017 angeordnete allgemeine Betretungsverbot im Naturschutzgebiet „Battertfelsen beim Schloß Hohenbaden“ ganzjährig auf den gesamten Bereich der „Badener Wand“ ausgedehnt wurde. Die Verfügung war im Jahr 2022 bereits Gegenstand eines Verfahrens des vorläufigen Rechtschutzes (6 K 4471/22), welches allerdings eingestellt wurde, nachdem das Regierungspräsidium Karlsruhe verschiedene Maßnahmen zur Umsetzung der Allgemeinverfügung vollzogen hatte und der Antrag zurückgenommen worden war. (6 K 4038/23, 6 K 4328/23, 6 K 4352/23 und 6 K 4480/23)


9. Baden-Württemberg: Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer


Der Kläger ist vietnamesischer Staatsangehöriger und war am KIT im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen eingeschrieben. Mit Bescheid vom 19.09.2017 wurde er verpflichtet, während der Dauer seiner Immatrikulation - erstmalig im WS 2017/2018 - für jedes Semester Studiengebühren für internationale Studierende in Höhe von 1.500 Euro zu entrichten. Hiergegen wendet er sich mit seiner bereits im Jahr 2017 erhobenen Klage. Das Verfahren war von März 2019 bis November 2022 wegen einer Verfassungsbeschwerde des Klägers gegen die zugrunde liegende gesetzliche Vorschrift ausgesetzt, die der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg mit Urteil vom 10.10.2022 als unbegründet zurückgewiesen hat (Az: 1 VB 29/18).


Der Kläger ist indes weiterhin davon überzeugt, dass die Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer rechtswidrig seien, und macht nunmehr geltend, dass diese Studiengebühren gegen den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verstießen. Danach „erkennen die Vertragsstaaten an“, dass im Hinblick auf die volle Verwirklichung des Rechts eines jeden auf Bildung der Hochschulunterricht „auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit“, jedermann gleichermaßen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss. (6 K 4015/22)


Über die Klage wird voraussichtlich im 2. Halbjahr 2024 entschieden.


10. Calw: Start- und Landeerlaubnis für Fallschirmspringer-Sportclub


Die Kläger wenden sich jeweils gegen eine dem beigeladenen Fallschirmspringersportclub mit Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.03.2022 erteilte Außenstart- und Außenlandeerlaubnis zur Durchführung von nichtgewerblichen Absetzflügen mit Fallschirmspringern für die Start- und Landebahn des Standortübungsgeländes der Bundeswehr in Calw/Muckberg. Die Kläger, die in demselben Ort in der Nähe des Übungsgeländes wohnen, wenden ein, dass es dem beklagten Land verwehrt sei, auf einer militärischen Behelfsstart- und Landebahn mehrere Außenstart- und Landeerlaubnisse „aufzusatteln“. Denn dies umgehe die Flugplatzpflicht. Die erteilte Erlaubnis stelle außerdem ihren Schutz vor erheblichem Fluglärm und sonstigen betriebsbedingten Einwirkungen nicht sicher. Schließlich bestünden erhebliche Sicherheitsbedenken, weil die Erlaubnis unvollständig und zu unbestimmt sei.


Eine mündliche Verhandlung ist für den 16. Juli 2024 vorgesehen. (8 K 1485/22)


11. Calw: Arbeiten am Rudersbergtunnel


Die Klägerinnen - die Große Kreisstadt Calw, die Energie Calw GmbH und die Stadtwerke Calw GmbH - wenden sich gegen eine vom Landratsamt Calw der DB InfraGO AG erteilte wasserrechtliche Erlaubnis für Erkundungsbohrungen im Bereich des Rudersbergtunnels sowie gegen eine Befreiung von den Verboten des im betreffenden Bereich befindlichen Wasserschutzgebiets.


Der bereits im 19. Jahrhundert errichtete Rudersbergtunnel gehört zur Strecke der sog. „Nagoldbahn“. Aufgrund baulicher Mängel sowie einer erforderlichen Anpassung des Regelprofils plant die DB InfraGO AG umfangreiche Baumaßnahmen am Tunnel, in deren Vorfeld Bauwerks- und Baugrunderkundungen stattfinden sollen. Der Tunnel liegt innerhalb des festgesetzten Wasserschutzgebiets „TB-Gruppe, Stollen- und Teuchelwegquelle“. Die Stollenquelle trägt zu einem wesentlichen Teil zur Trinkwasserversorgung der Stadt Calw bei. Mit Bescheid vom 09.03.2022 erteilte das Landratsamt Calw der DB InfraGO AG eine Befreiung von den Verboten des Wasserschutzgebiets für die geplanten Bohrungen. Gegen diesen Bescheid wenden sich die Kläger. Es wird befürchtet, dass durch die Bohrungen Erschütterungen auftreten könnten, die zum Beispiel Lehme, Sande oder auch Gestein in den Klüften mobilisierten, die negative qualitative und quantitative Einflüsse auf die Stollenquelle haben könnten. Die Wasserversorgung der Stadt Calw könne hierdurch gefährdet werden. (8 K 4133/22)


12. Deutschland: Corona-Prämie für Krankenpflegehelferin


Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Corona-Prämie nach dem Pflegebonusgesetz in Höhe von 2.300 Euro. Die Klägerin - eine Krankenpflegehelferin - ist bei der Beklagten, die ein Krankenhaus in Schwetzingen betreibt, seit 2015 im Krankenpflegedienst beschäftigt. Mit dem Pflegebonusgesetz vom 28.06.2022 (BGBl. I S. 938) wurde aus Mitteln des Bundes besonders belasteten Pflegepersonen eine weitere Corona-Prämie gewährt. Im Krankenhausbereich ist der Pflegebonus nur für Pflegefachkräfte mit einer dreijährigen Ausbildung vorgesehen. Die Klägerin rügt, es verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetztes, dass sie - obwohl sie als Krankenpflegehelferin mindestens ebenso stark wie Pflegefachkräfte für die Versorgung von Corona-Patienten in Anspruch genommen worden sei - die Corona-Prämie allein deshalb nicht erhalte, weil sie nur über eine einjährige Berufsausbildung verfüge.


Die 8. Kammer beabsichtigt eine Entscheidung über die Klage am 23.04.2024. Dabei kommt auch eine Vorlage der Frage an das Bundesverfassungsgericht in Betracht, ob die im Streit stehende Vorschrift mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. (8 K 615/23)


13. Enzkreis: Genehmigung einer Privatschule mit Montessori-Konzept


Der Kläger, ein eingetragener Verein, möchte eine Privatschule (mit Montessori-Konzept) im Enzkreis betreiben und beantragt hierzu die Genehmigung für eine Ersatzschule in freier Trägerschaft. Im Streit stehen das Vorliegen eines besonderen pädagogischen Interesses sowie die Gleichwertigkeit der Lehrziele. Auch äußerte das zuständige Regierungspräsidium Bedenken im Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Räumlichkeiten, die wissenschaftliche Ausbildung der Lehrkräfte und die persönliche Zuverlässigkeit einzelner Vereinsmitglieder.


Über die Klage wird am 14. Juni 2024 mündlich verhandelt. (9 K 1555/23)


14. Rastatt: OB-Wahl


Die Klägerin möchte die Oberbürgermeisterwahl in Rastatt 2023 für ungültig erklären lassen. Sie verfolgt damit ihren von mehr als 100 Wahlberechtigten unterstützten Einspruch gegen das Wahlergebnis weiter. In der Stichwahl am 15.10.2023 war die Kandidatin Monika Müller mit einem Vorsprung von 70 Stimmen vor dem Mitbewerber Dr. Michael Gaska gewählt worden. Gegen die Gültigkeit der Wahl macht die Klägerin u. a. geltend, dass sich die Kandidatin Müller nicht an die Plakatierungsregeln gehalten habe und Plakate in der unmittelbaren Umgebung von Straßenkreuzungen und Einmündungen angebracht habe. Dadurch sei der Mitbewerber benachteiligt worden. Zudem sei der Mitbewerber durch Äußerungen des vorherigen Oberbürgermeisters Pütsch, dessen Ehefrau und eines Ortsvorstehers zu verschiedenen Anlassen öffentlich diskreditiert worden.


Eine mündliche Verhandlung ist für den 23. und 24.04.2024 vorgesehen. (10 K 5449/23)


15. Weinheim: Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis


Der Kläger ist Abtreibungsgegner und betreibt die Internetseite „babycaust.de“, auf der er mitteilt, dass er in Abtreibungen eine Steigerung der Verbrechen der Nazi-Diktatur erblicke. Auf Grundlage der Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutzes, dass der Kläger dem Phänomenbereich „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ zuzuordnen sei, gelangte die Stadt Weinheim zu der Rechtsauffassung, der Kläger verfüge nicht länger über die persönliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Daher sei der ihm erteilte kleine Waffenschein zu widerrufen.


Eine mündliche Verhandlung ist für den 16. Juli 2024 vorgesehen. (12 K 725/23)


16. Deutschland: Altersgrenze für Bundesrichter


Der Kläger wendet sich dagegen, dass Bundesrichter den Eintritt in den Ruhestand nicht hinausschieben dürfen, obwohl dies Bundesbeamten und - beispielsweise - Richtern im Dienst des Landes Baden-Württemberg erlaubt ist. Das Verfahren ist ausgesetzt angesichts des vom Verwaltungsgericht Karlsruhe am Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anhängig gemachten Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung der EU-Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie. Wann der EuGH über die Vorlagefrage entscheiden wird (dortiges Az.: C-349/23), ist unbekannt. (12 K 2386/22)


17. Baden-Württemberg: Rückforderung der Corona-Soforthilfe - Musterverfahren


Die Klägerin wendet sich gegen einen Widerrufs- und Erstattungsbescheid der Landeskreditbank Baden-Württemberg. Die Klägerin, eine GmbH, welche Pflegeprodukte mit eigenen Rezepturen herstellt und diese über Einzelhändler und Vertriebspartner, wie Kosmetikstudios und Parfümerien oder auch auf Messen vertreibt, hatte im Jahr 2020 einen Antrag auf Gewährung der Soforthilfe Corona gestellt, der (teil-)bewilligt wurde. Gegen den auf der Grundlage der Angaben der Klägerin im Rückmeldeverfahren erlassenen Widerrufs- und Erstattungsbescheid wendet sich diese nach erfolglosem Widerspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage.


Die Kammer hat das Verfahren aufgrund einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle am Verwaltungsgericht Karlsruhe, welche überwiegend zum Ruhen gebracht wurden, mit Einverständnis der Beteiligten als Musterverfahren ausgewählt und beabsichtigt eine Entscheidung im zweiten Halbjahr 2024. (14 K 2955/23)



Anlage zur Jahrespressemitteilung

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