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Pressemitteilung vom 30.03.2022

Datum: 30.03.2022

Kurzbeschreibung: Jahrespressemitteilung 2022

I. Geschäftsentwicklung 

 

Das Geschäftsjahr 2021 war beim Verwaltungsgericht Karlsruhe durch die Einführung der elektronischen Gerichtsakte geprägt. Seit dem 11.05.2021 werden so gut wie alle neu eingereichten Klagen und Anträge in elektronischer Form angelegt und bearbeitet. Dies sind bis heute fast 4.000 Verfahren. Der damit verbundene tiefgreifende Veränderungsprozess betrifft die Arbeitsweise aller Richterinnen und Richter, aller Servicekräfte und auch die Verwaltung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, die sich mit großem Engagement den Herausforderungen gestellt haben. Mit der elektronischen Gerichtsakte kann regelmäßig ohne Postlaufzeiten kommuniziert und auch die Akteneinsicht über ein elektronisches Akteneinsichtsportal gewährt werden. Die jeweilige elektronische Gerichtsakte und ggf. auch die beigezogenen Behördenakten sind jederzeit und ortsunabhängig für mehrere Bearbeiter gleichzeitig verfügbar und auch für die Recherche innerhalb der Akte bietet die eAkte ganz neue Möglichkeiten.

 

Arbeitsschwerpunkt beim Verwaltungsgericht Karlsruhe im Geschäftsjahr 2021 war weiterhin, bei herausfordernder Personal- und Unterbringungssituation die Asylbestände ohne nennenswerte Auswirkungen auf die Dauer der Allgemeinverfahren weiter abzubauen.

 

Auch hier war im Jahr 2021 die Arbeit durch die COVID-19-Pandemie geprägt. So standen nur die Sitzungssäle zur Verfügung, in denen die erforderlichen Mindestabstände gewährleistet werden konnten. Hygienemaßnahmen und das Ziel, Wartezeiten für Beteiligte und Besucher in den Gerichtsgebäuden zu minimieren, führten zu weiteren Beschränkungen des Gerichtsbetriebs. Mit der im Geschäftsjahr 2021 deutlich intensivierten Nutzung der Videokonferenztechnik für die Durchführung mündlicher Verhandlungen konnte vielfach den pandemiebedingten Belastungen begegnet und konnten Anfahrtswege der Beteiligten vermieden werden. Die elektronische Gerichtsakte erleichterte es den Richterinnen und Richtern deutlich, unter Pandemiebedingungen miteinander zu arbeiten, da Beratungen an den einzelnen Arbeitsplätzen, z.B. im Homeoffice, bei digitaler Präsenz der jeweiligen Akte möglich wurden.

 

1. Verfahrenseingänge

Im Geschäftsjahr 2021 sind - ebenfalls beeinflusst durch die Pandemie - die Eingangszahlen im Asylbereich erneut zurückgegangen. Damit erreicht die Zahl der Neueingänge im Asylbereich nur noch 17% der bisher höchsten Zahl im Jahr 2017.

 

       Zur Entwicklung der Verfahrenseingänge siehe Anlage 1.2.

 

Die Hauptherkunftsländer waren im Geschäftsjahr 2021 wie im Vorjahr Nigeria, Irak, Gambia, Syrien, Türkei, Afghanistan und zudem Nordmazedonien mit jeweils 125 bis 321 neuen Asylklageverfahren. Insgesamt waren 450 neu eingegangene Asylklageverfahren den westlichen Balkanstaaten (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien) zuzuordnen.

 

       Zu den Hauptherkunftsländern bei den Asylklagen siehe Anlage 2.2.

 

Bei den allgemeinen Verfahren ist insgesamt ein leichter Rückgang der Eingangszahlen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Dieser betrifft wiederum vor allem die Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen (NC), während im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts – bedingt durch die zahlreichen Rechtsschutzgesuche im Zusammenhang mit Corona-Maßnahmen – mehr Verfahren eingingen als im Vorjahr.

 

Zu den Eingängen im Bereich der Allgemeinverfahren siehe Anlagen 1.1 und 2.1.

 

In 200 Verfahren, darunter 100 Eilverfahren, wurde das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Jahr 2021 um Rechtsschutz gegen Corona-Maßnahmen ersucht. Diese Anträge betrafen vor allem Demonstrationsverbote und -auflagen, Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz und Maskenpflichten.

 

2. Erledigungen

Mit insgesamt 7.167 Erledigungen lag das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Geschäftsjahr 2021 um 28% hinter dem Niveau des Vorjahres zurück. Weniger erledigt wurde vor allem im Asylbereich. Dies steht zum einen im Zusammenhang mit der Erledigung der zu einem erheblichen Teil zeitaufwändigeren älteren Klageverfahren und zum anderen mit dem Personalabbau im Richterbereich.

 

3. Anhängige Verfahren

Der Bestand der am Jahresende 2021 anhängigen Verfahren ist im Vergleich zum Jahresende 2020 im Bereich der allgemeinen Verfahren etwas und im Asylbereich um 2.245 Verfahren und damit wiederum ganz erheblich gesunken.

 

       Zu Eingängen, Erledigungen und Bestand siehe Anlagen 1, 1.1. und 1.2.

 

4. Verfahrensdauer

Sowohl bei den Allgemeinverfahren als auch bei den Asylverfahren konnte die durchschnittliche Verfahrensdauer der im Jahr 2021 erledigten Klageverfahren erneut leicht verringert werden. Ganz erheblich verringerte sich die durchschnittliche Verfahrensdauer der im Jahr 2021 erledigten Asyl-Eilverfahren.

 

       Zur Dauer der erledigten Verfahren siehe Anlage 3.

 

5. Ausgang der Verfahren

Bei wertender Betrachtung der in der Anlage dargestellten Zahlen über den Ausgang der Verfahren ist im Asylbereich zu berücksichtigen, dass die meisten der nicht streitig entschiedenen Verfahren durch Rücknahme oder Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht erledigt wurden. Zu den stattgebenden Entscheidungen zählen zudem auch solche, die dem Kläger bzw. Antragsteller keinen materiellen Status zusprechen, sondern aus formellen Gründen eine erneute Befassung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fordern. Der im Jahr 2020 deutlich erhöhte Anteil der zumindest teilweise stattgebenden Entscheidungen in Asylklageverfahren im Vergleich zu den Vorjahren ist im Wesentlichen konstant geblieben.

 

Um Rückschlüsse auf das – im Vergleich zum Vorjahr wiederum prozentual kaum veränderte – Obsiegen der Kläger und Antragsteller in Allgemeinverfahren ziehen zu können, ist zu berücksichtigen, dass zu den Verfahren, die nicht streitig entschieden werden mussten, auch solche zählen, die nach einem Einlenken der Behörde für erledigt erklärt wurden oder in denen ein Vergleich geschlossen wurde. Ein Großteil dieser unstreitigen Erledigungen beruht jedoch auf Klage- bzw. Antragsrücknahmen.

 

       Zum Ausgang der Verfahren siehe Anlage 4.

 

II. Personalsituation

 

Im nichtrichterlichen Bereich des Verwaltungsgerichts Karlsruhe, das in fünf Dienstgebäuden seine Aufgaben erledigt, wurden zum Stichtag 31.12.2021 in der Verwaltung, der Gebäudeverwaltung und im Servicebereich 54 Personen mit insgesamt 50,14 Arbeitskraftanteilen (AKA) beschäftigt (Vorjahr: 57 Personen mit 52,77 AKA). Das Durchschnittsalter betrug hier 41 Jahre (Vorjahr: 40 Jahre).

 

Richterinnen und Richter waren im Geschäftsjahr 2021 durchschnittlich mit 63,39 AKA und damit mit 6,79 AKA weniger als im Vorjahr beim Verwaltungsgericht Karlsruhe tätig.

 

Zum Stichtag 31.12.2021 waren 68 Richterinnen und Richter mit 64,85 AKA dem Verwaltungsgericht Karlsruhe zugewiesen (Vorjahr: 76 mit 74,10 AKA); davon 32 Richterinnen (29,85 AKA) und 36 Richter (35,00 AKA). Das Durchschnittsalter der Richterschaft betrug wiederum 39 Jahre.

 

Insgesamt 12 der am 31.12.2021 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe tätigen 68 Richterinnen und Richtern, d.h. ca. 18 %, haben ihren Dienst hier erst im Laufe des Geschäftsjahres erstmals oder erneut aufgenommen. Darunter sind 5 der zum Jahresende 2021 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe tätigen 21 Proberichterinnen und Proberichter. Zur weiteren Verstärkung im Asylbereich blieben im Jahr 2021 dem Verwaltungsgericht Karlsruhe temporär 5 Beamtinnen und Beamte als Richterinnen und Richter auf Zeit sowie 5 Richterinnen und Richter aus anderen Gerichtsbarkeiten zugewiesen. Zugleich verließen im Geschäftsjahr 19 Richterinnen und Richter das Verwaltungsgericht Karlsruhe.

 

Die erhebliche personelle Veränderung der letzten Jahre am Verwaltungsgericht Karlsruhe setzte sich auch im Jahr 2021 fort. 31 und damit etwa die Hälfte der zum 31.12.2021 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe tätigen Richterinnen und Richter verfügte über eine verwaltungsgerichtliche Erfahrung von unter 3 Jahren.

 

Die immensen Eingänge im Asylbereich in den Jahren 2017 bis 2019 konnten durch ganz erhebliche Anstrengungen aller Gerichtsangehörigen bis zum Ende des Geschäftsjahrs 2021 weitestgehend bewältigt werden. Im laufenden Geschäftsjahr 2022 steht das Verwaltungsgericht Karlsruhe vor der Herausforderung, bei absehbar weiterer Personalreduzierung die erreichten Verfahrenslaufzeiten zu halten bzw. im Asylbereich weiter zu reduzieren.  

 

III.         Pressestelle

 

Im Jahr 2021 hat die Pressestelle in 24 Pressemitteilungen - sowie in diesem Jahr in bislang 7 Pressemitteilungen - über den Ausgang von Verfahren informiert. Die Pressemitteilungen werden jeweils am Tag der Herausgabe auch auf die Homepage des Verwaltungsgerichts eingestellt. Die regelmäßige Terminvorschau auf der Homepage unter Zusammenfassung des Streitgegenstands der anberaumten mündlichen Verhandlungen in Verfahren von öffentlichem Interesse bleibt weiterhin ausgesetzt. Aufgrund der aktuellen Abstandsregeln stehen in den Verhandlungssälen nur sehr wenige Plätze für Zuschauer zur Verfügung. Medienvertreter werden gebeten, den beabsichtigten Besuch einer mündlichen Verhandlung vorab anzukündigen.

 

Die Pressemitteilungen des Verwaltungsgerichts Karlsruhe können ebenso wie die zu gegebener Zeit wieder vorzunehmende Terminsvorschau via RSS abonniert werden. Für sonstige Auskünfte zum Stand einzelner Verfahren standen und stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pressestelle des Verwaltungsgerichts jederzeit zur Verfügung.

 

IV. Ausblick auf einzelne anhängige Verfahren von allgemeinem Interesse

 

1.    Mannheim: Ausübung des städtischen Vorkaufsrechts in Neuhermsheim 

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Stadt Mannheim für ein im Stadtteil Neuhermsheim gelegenes Grundstück.  Die Ausübung des Vorkaufsrechts soll eine zeitnahe Bebauung des Grundstücks gewährleisten und eine soziale Durchmischung der Bewohnerstruktur sicherstellen. Hierzu soll ein Anteil von 30 % der geschaffenen Wohneinheiten so vermarktet werden, dass die Miete auch für einkommensschwache Bevölkerungsanteile finanzierbar ist. Die Klägerin beanstandet unter anderem, dass über den Beschluss zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht in öffentlicher Sitzung des zuständigen Ausschusses für Umwelt und Technik beraten worden sei und die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht durch Allgemeinwohlbelange gerechtfertigt werde. Der geringe Anteil des geförderten Wohnraums zeige zudem, dass es der Stadt Mannheim nicht nur um die Förderung von einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen, sondern auch um eine unzulässige Bodenbevorratung und einen Flächenerwerb im Rahmen ihres „Bodenfonds“ gehe. (1 K 2548/21)

 

2.    Untersagung der Herstellung eines Corona-Impfstoffs 

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat dem Kläger die Herstellung eines Corona-Impfstoffs mit Teilen des Spikeproteins des Virus SARS-CoV-2 untersagt, weil die Herstellung nicht den anerkannten pharmazeutischen Regeln entspreche und damit im Widerspruch zu den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes stehe. Der Kläger habe kein vollständiges Qualitätssicherungssystem, keine geeigneten Ausgangsstoffe und nicht die Einhaltung aller erforderlichen hygienischen Vorgaben nachgewiesen. Der Kläger macht mit seiner Klage unter anderem geltend, dass es sich bei der untersagten Behandlungsweise nicht um eine Impfung, sondern um eine vorbeugende Behandlung mit einem Protein handele. Das Arzneimittelgesetz regele lediglich das Zulassungsverfahren von Arzneimitteln, schränke aber nicht die therapeutische Freiheit des Arztes ein. (1 K 3887/21)

 

3.    Pforzheim: Lärmimmissionen eines Fleischereibetriebs

Der Kläger ist in einem Teilort von Pforzheim wohnhaft und gleichzeitig Nachbar eines Unternehmens der fleischverarbeitenden Industrie mit Sitz in einer Nachbargemeinde von Pforzheim. Er will, dass das beklagte Land gegen Lärmimmissionen vom Betriebsgelände des Unternehmens einschreitet. Der Kläger begehrt zunächst die Aufhebung des vom Land aufgestellten Lärmminderungsplans und der Anordnung gegenüber dem Unternehmen, den Plan umzusetzen, soweit nach diesen Regelungen höhere Immissionsrichtwerte für angrenzende Wohngebiete einzuhalten sind, als diese sich aus den maßgeblichen technischen Regelwerken ergeben sollen. Ferner begehrt er vom Land die Anordnung weitergehender immissionsschutzrechtlicher Einzelanordnungen gegenüber dem Unternehmen zur Verminderung der Immissionsbelastung auf seinem Grundstück. Diese betreffen insbesondere Maßnahmen zur Verringerung der Immissionsbelastung zur Nachtzeit sowie Überwachungsmaßnahmen.

 

Eine Terminierung ist in der zweiten Jahreshälfte 2022 geplant (2 K 5124/20).

 

4.    Spielhallenrechtliche Verfahren

In der 3. Kammer und in mehreren anderen Kammern sind zahlreiche Verfahren anhängig, bei denen die glückspielrechtlichen Erlaubnisse für verschiedene Spielhallen Streitgegenstand sind. Die einschlägigen Regelungen im Landesglücksspielgesetz schreiben u.a. Mindestabstände zwischen den einzelnen Spielhallen vor. Für die Umsetzung der Vorgaben sieht das Gesetz Übergangsregelungen vor, die den befristeten Weiterbetrieb bislang erlaubter Spielhallen regeln, um insbesondere unbillige Härten zu vermeiden. Die hierauf gestützten Härtefallerlaubnisse waren in der Regel bis zum 30.06.2021 befristet. Im Jahr 2021 wurden von den jeweils zuständigen unteren Verwaltungsbehörden nun aber z.T. Auswahlentscheidungen zwischen den einzelnen Spielhallen getroffen. Unterlegene Spielhallenbetreiber haben sich hiergegen in Eil- und Hauptsacheverfahren zur Wehr gesetzt.

 

5.    Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz

In der 4. Kammer und in mehreren anderen Kammern sind zahlreiche Verfahren anhängig, in denen die Kläger, darunter auch ein bundesweit tätiger Betreiber von Supermärkten, vom beklagten Land Ausgleich für als Selbständige oder durch ihre Arbeitnehmer erlittene Verdienstausfälle wegen Absonderungspflichten nach einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus verlangen. Entschädigungen wurden vom Regierungspräsidium Karlsruhe etwa deshalb abgelehnt, weil die Betroffenen nicht geimpft waren. Nach den gesetzlichen Vorgaben sei eine Entschädigung ausgeschlossen, wenn der Betroffene seine Absonderung durch die Inanspruchnahme einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung hätte vermeiden können. Hiergegen wird eingewandt, dass die Absonderung wegen der nachgewiesenen Infektion angeordnet worden sei und sich auch geimpfte Personen bei nachgewiesener Infektion absondern müssten. Dass Geimpfte sich möglicherweise seltener infizierten, stehe einem Entschädigungsanspruch nicht entgegen. Während einige Bundesländer – darunter Baden-Württemberg – bei fehlendem Impfstatus den Ausgleich von Verdienstausfällen auch im Falle einer eigenen Infektion verwehren, wenden andere die Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes zum Ausschluss von Entschädigungsleistungen nur auf ungeimpfte Kontaktpersonen sowie Reiserückkehrer an. 

 

6.    Gondelsheim: Naturschutzrechtliche Entschädigung wegen Fledermauskot

Die Klägerin ist Eigentümerin des Schlosses Gondelsheim. Im Dachboden des Schlosses besteht seit den frühen 1980er Jahren eine Wochenstube des Großen Mausohrs, einer streng geschützten Fledermausart. 2014 ordnete das Regierungspräsidium Karlsruhe unter anderem an, dass ein Türmchenfenster zum Dachboden des Schlosses auf Dauer offenzuhalten sei, um eine Zu- und Abflugmöglichkeit der Fledermäuse zu gewährleisten. 2015 erfolgten weitere Vorgaben durch das Regierungspräsidium. Die Klägerin macht geltend, infolge dieser Anordnungen sei es zu Schäden durch abgelagerten Fledermauskot auf dem Dachboden des Schlosses und damit zu einer objektiv unzumutbaren Belastung gekommen. Sie beantragt festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet sei, ihr eine angemessene Entschädigung zu leisten sowie dessen Verpflichtung zur Zahlung von (zunächst) 123.000 €. (4 K 4706/21)

 

7.    Verfassungsrichter zu Gast im Bundeskanzleramt

Die Antragstellerin ist Journalistin und begehrt vom Bundesverfassungsgericht Auskunft über vorhandene Unterlagen zum Abendessen von Vertretern des Bundesverfassungsgerichts im Bundeskanzleramt am 30.06.2021 und dessen Ablauf. Am 30.06.2021 fand ein Abendessen im Bundeskanzleramt statt, an dem u.a. Bundesverfassungsrichter, Altkanzlerin Merkel und die damalige Bundesjustizministerin Lambrecht teilnahmen. Verfassungsrichterin Baer hielt einen Impulsvortrag zum Thema „Entscheidung unter Unsicherheiten“, die Justizministerin sprach u.a. über die Corona-Politik der Bundesregierung. Zu diesem Vorgang hat die Antragstellerin verschiedene Presseanfragen an das Bundesverfassungsgericht gerichtet, deren Beantwortung sie als nicht ausreichend erachtet. (4 K 233/22)

 

8.    Anfechtung der Bürgermeisterwahl in Schriesheim

In zwei getrennten Klageverfahren wird die Bürgermeisterwahl in Schriesheim vom 28.11.2021 angefochten. Es klagen zum einen ein unterlegener Kandidat, der eine Ungleichbehandlung der Bewerber seitens des Gemeindewahlausschusses rügt, und zum anderen ein Schriesheimer Bürger, der die Wertung seines Stimmzettels als ungültig beanstandet (5 K 127/22; 5 K 134/22).  

 

Die zuständige Kammer beabsichtigt eine zeitnahe Terminierung.

 

9.    Heidelberg: Streit über nichtöffentliche Sitzung des Gemeinderates 

Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit verschiedener kommunalrechtlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit einer nichtöffentlichen Sitzung des Gemeinderats der Stadt Heidelberg, dessen Mitglied er ist. In dieser Funktion widersprach er der Ansetzung eines Tagesordnungspunktes zur nichtöffentlichen Behandlung durch den Oberbürgermeister. Nachdem der Gemeinderat den Tagesordnungspunkt nichtöffentlich behandelt hatte, gab der Kläger die dazugehörige Verwaltungsvorlage an die Rhein-Neckar-Zeitung weiter, die darüber berichtete. Er vertrat die Ansicht, dass kein Geheimhaltungsbedürfnis bestanden habe und daher bei der Beratung und Beschlussfassung über den betreffenden Tagesordnungspunkt die Öffentlichkeit hätte hergestellt werden müssen. Im Folgenden bezeichnete der Oberbürgermeister das Verhalten des Klägers in einem an diesen gerichteten Schreiben als groben Verstoß gegen Verschwiegenheitspflichten, den er auf das Schärfste rüge. Der Kläger begehrt festzustellen, dass der Umgang mit seinem Antrag zur Sitzungsöffentlichkeit, die nichtöffentlich erfolgte Beschlussfassung und das gegen ihn gerichtete Schreiben rechtswidrig seien. (7 K 2240/21)

 

10.  Karlsruhe: Streit über Vergabe von Fördermitteln für benachteiligte Kinder

Der Kläger, der Stadtjugendausschuss e. V. Karlsruhe als Dachverband der Karlsruher Jugendverbände und Träger der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe, begehrt vom beklagten Land die Neubescheidung seines Förderantrags vom 31.07.2020 auf den Förderaufruf „Wir gehören dazu – Strategien zur Verbesserung der Chancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ im Rahmen der Strategie „Starke Kinder – chancenreich“ zur Verbesserung von Chancen für armutsgefährdete Kinder in Baden-Württemberg. Dessen Ablehnung ist nach Auffassung des Klägers ermessensfehlerhaft, weil die Entscheidung ohne Hinzuziehung der für die Fördermittelvergabe gebildeten beratenden Jury und damit ohne inhaltliche Prüfung erfolgt sei. Außerdem habe der Ablehnung eine falsche Bewertung des eingereichten Förderprojekts „Wir gehören dazu! Ganztagsgrundschule für Kinder aus Vorbereitungsklassen öffnen und gestalten“ zu Grunde gelegen.

Es ist beabsichtigt, das Verfahren in der zweiten Jahreshälfte zu terminieren (8 K 5174/20).

 

11.  Bühlertal: Helikopterlandeplatz im Landschaftsschutzgebiet

Der Kläger begehrt die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Erlaubnis, hilfsweise eine Befreiung, für Außenstarts und -landungen mit einem Helikopter auf seinem im Geltungsbereich des Landschaftsschutzgebiets „Bühlertal“ gelegenen Privatanwesen. Dies hatte das Landratsamt Rastatt abgelehnt. Wegen ungenehmigten Geländeveränderungen für die Anlegung eines weiträumigen Parks samt Helikopterlandeplatz auf dem streitbefangenen Grundstück war es in der Vergangenheit bereits zu einem Ordnungswidrigkeitenverfahren und zur Verhängung einer Geldbuße gekommen. (10 K 2940/21)

 

12.  Unzulässige Rücklagenbildung bei Industrie- und Handelskammern?

Bei der 10. Kammer sind mehrere Verfahren gegen verschiedene Industrie- und Handelskammern anhängig, in denen sich die Kläger gegen die Heranziehung von Beiträgen zu ihrer jeweiligen Industrie- und Handelskammer wenden. Sie machen hierbei geltend, dass der Beitrag nach den einschlägigen gesetzlichen Regelungen deshalb nicht erhoben werden dürfe, weil die Kosten der Kammern anderweitig gedeckt werden könnten, nämlich durch Auflösung von in den jeweiligen Beitragsjahren in den Haushalten der Kammern aus Sicht der Kläger zu Unrecht gebildeten Rücklagen.

 

13.  Bad Rotenfels: Klage gegen DHL-Logistikzentrum

Die Klägerin wendet sich gegen Baugenehmigungen der Stadt Gaggenau für ein DHL-Logistikzentrum in Bad Rotenfels. Ein Eilantrag der Klägerin gegen die ursprüngliche Baugenehmigung war vom Verwaltungsgericht Karlsruhe abgelehnt worden (vgl. dazu Pressemitteilung des Gerichts vom 14.07.2021). Die zwischenzeitlich ergangene, ebenfalls beklagte Nachtragsbaugenehmigung enthält Einschränkungen des ursprünglich zugelassenen Nutzungsumfangs mit dem Ziel der Lärmemissionsminderung. Mit den Klagen macht die Klägerin weiterhin vor allem die Unzumutbarkeit des von dem Vorhaben ausgehenden Lärms, insbesondere zur Nachtzeit, geltend. (10 K 1357/21; 10 K 180/22)

 

14.  Baiersbronn: Öffentliche Straße auf Hausgrundstück? 

Die Beteiligten des Verfahrens streiten darüber, ob auf dem Grundstück der Klägerin eine öffentliche Straße liegt. Die Klägerin ist Miteigentümerin eines Hausgrundstücks in der Gemeinde Baiersbronn, an dem eine öffentliche Straße vorbeiführt. Zwischen dieser Straße und dem Gebäude befindet sich auf dem Grundstück der Klägerin eine asphaltierte Fläche. Nach Mitteilung der Klägerin wird diese Fläche ohne ihre Erlaubnis als erweiterte Fahrspur der Straße genutzt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die auf ihrem Grundstück befindliche Fläche nicht zur öffentlichen Verkehrsfläche gehört und sie deren Nutzung durch den allgemeinen Straßenverkehr nicht dulden muss. Daher hatte die Klägerin beabsichtigt, die Fläche ihres Grundstücks vom öffentlichen Verkehrsraum durch erhöhte Randsteine abzugrenzen, was ihr von der Beklagten untersagt wurde. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung der Untersagungsverfügung sowie die Feststellung, dass über ihr Grundstück keine öffentliche Straße führt. Die Beklagte ist hingegen der Ansicht, dass die betroffene Grundstücksfläche als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet ist. (11 K 1063/21)

 

15.  Dornstetten: Stadt gegen Gemeindeverwaltungsverband wegen Mobilfunkanlage

Gegenstand des Klageverfahrens der Stadt Dornstetten ist eine Baugenehmigung für eine Mobilfunkanlage in deren Ortsteil Aach. Die Stadt Dornstetten verweigerte ihr erforderliches gemeindliches Einvernehmen zu der beantragten Genehmigung für den Bau einer Mobilfunkanlage. Der beklagte Gemeindeverwaltungsverband Dornstetten ersetzte das gemeindliche Einvernehmen und erteilte die Baugenehmigung, da dem Bauvorhaben keine öffentlichen Belange entgegenstünden. Hiergegen wendet sich die Stadt Dornstetten mit ihrer Klage und begehrt die Aufhebung der erteilten Baugenehmigung. Sie befürchtet insbesondere eine Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes durch den Bau der genehmigten Mobilfunkanlage. Zudem ist sie der Ansicht, dass es schonendere Alternativen zum geplanten Standort gebe, die ebenso geeignet und zumutbar seien. (11 K 4995/20)

 

16.  Sichergestelltes Vermögen einer Rockergruppierung

In zwei Verfahren wendet sich der Kläger gegen Bescheide, mit denen das Regierungspräsidium Karlsruhe Vermögen des Vereins "Gremium MC, Chapter Southgate (Heidelberg)" in Höhe von 28.740 Euro und weiteren 8.740 Euro anlässlich des Verbots dieses Vereins sicherstellte. Der Kläger, Präsident des Vereins, beruft sich darauf, dass es sich bei dem "Gremium MC, Chapter Southgate (Heidelberg)" im Zeitpunkt des Verbots nicht (mehr) um einen Verein gehandelt habe. Zudem seien auch die konkreten Sicherstellungen und Beschlagnahmen rechtswidrig.

 

Termin zur mündlichen Verhandlung beider Verfahren ist bestimmt auf den 14.06.2022. (12 K 1584/21; 12 K 3186/21)

 

17.  Mannheim: Fahrradstraße in den Quadraten?

Der klagende Anwohner wendet sich gegen die verkehrsrechtliche Anordnung einer Fahrradstraße im Bereich der Mannheimer Quadrate (von G3/H3 bis G7/H7). Er macht geltend, die ihr zu Grunde liegende Verkehrszählung trage die Anordnung nicht. Weiter könnten Autofahrer auf der unter 4 Meter breiten Fahrgasse den notwendigen Mindestsicherheitsabstand von 1,50 Meter zu Radfahrern nicht einhalten. Außerdem seien keine Ladezonen vorgesehen. 

Die Kammer beabsichtigt, das Verfahren im 2. Quartal 2022 zu entscheiden.  (14 K 964/21)     

 

18.  Kraichtal: Disziplinarverfahren gegen den ehemaligen Kämmerer wegen Betrugs in der Liegenschaftsverwaltung

 

Der Kläger wendet sich gegen die Kürzung seines Ruhegehalts. Er war bei der Stadt Kraichtal zuletzt Rechnungsamtsleiter und Kämmerer, davor stellvertretender Rechnungsamtsleiter. In diesem Zeitraum kam es zu Betrugshandlungen zum Nachteil der beklagten Stadt Kraichtal durch den damaligen Leiter der Liegenschaftsverwaltung mit einem Schaden in Höhe von ca. 1,6 Millionen Euro. Dem Kläger werden Handlungs-, Aufsichts- und Überwachungspflichtverletzungen vorgeworfen. Hintergrund ist, dass der deshalb rechtskräftig verurteilte Leiter der Liegenschaftsverwaltung über viele Jahre hinweg Grundstückskäufe fingiert und auf diese Weise Bargeld in Form von Bar-Schecks erlangt hat, ohne dass die entsprechenden Grundstücke als Gegenleistung für die fingierten Kaufpreiszahlungen an die Stadt Kraichtal übertragen wurden. (DL 17 K 1801/20)



Anlage: Geschäftsentwicklung beim Verwaltungsgericht Karlsruhe

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