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Pressemitteilung vom 17.01.2022
Datum: 17.01.2022
Kurzbeschreibung: Bretten: Eilantrag gegen allgemeines Verbot nicht angemeldeter Corona-„Spaziergänge“ erfolgreich
Mit Beschluss vom heutigen Tag hat die 14. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe einem Eilantrag gegen ein von der Stadt Bretten verfügtes allgemeines Verbot nicht angemeldeter „Spaziergänge“ stattgegeben.
Die Stadt Bretten hatte mit einer sofort vollziehbaren Allgemeinverfügung vom 20.12.2021 bis Ende Januar 2022 „alle mit
generellen Aufrufen zu ‚Montagsspaziergängen‘ oder ‚Spaziergängen‘ in Zusammenhang stehenden, nicht
angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen“ untersagt. Hiergegen wandte sich der
Antragsteller, der regelmäßig an angemeldeten Versammlungen gegen staatliche Maßnahmen der Pandemiebekämpfung
teilnimmt, mit einem Widerspruch an die Stadt sowie einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht, um die Geltung des Verbotes ihm
gegenüber zwischenzeitlich auszusetzen. Eine ähnlich lautende Allgemeinverfügung der Stadt Bad Mergentheim sei bereits vom
Verwaltungsgericht Stuttgart als rechtswidrig angesehen worden (vgl. Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 14.01.2022).
Im Eilverfahren berief sich die Stadt darauf, dass es vor Weihnachten in der Umgebung zu mehreren größeren Vorfällen bei
Protestversammlungen gekommen sei, darunter eine Versammlung mit 300 Personen in Jöhlingen am 16.12.2021 sowie eine teilweise
gewalttätige Demonstration mit 2.000 Personen in Mannheim und mehrere Aufzüge in Karlsruhe am 20.12.2021. Zudem sei in einem
bekannten Telegram-Kanal für den 21.12.2021 zu einem „Corona-Spaziergang“ in Bretten aufgerufen worden, der durch das
Eingreifen der Polizei habe verhindert werden können. Am 10.01.2022 sei eine weitere unangemeldete Versammlung mit 42 Teilnehmern von
der Polizei aufgelöst worden. Das Verbot nicht angemeldeter Versammlungen sei notwendig, da die Unterlassung der Anmeldung dazu diene,
möglichen Auflagen zum Infektionsschutz seitens der Stadt aus dem Weg zu gehen. Angemeldete Versammlungen blieben weiterhin
möglich.
Die 14. Kammer hat dem Eilantrag entsprochen. Zwar sei die Stadt als Versammlungsbehörde auch nach Ende der epidemischen Lage von
nationaler Tragweite nach dem Infektionsschutzgesetz grundsätzlich befugt, Versammlungen präventiv zu verbieten, jedenfalls
sofern dies nicht allein der Abwehr von Infektionsgefahren diene. Bei den über soziale Medien und Messengerdiensten beworbenen
„Spaziergängen“ handele es sich auch um Versammlungen, da sie entgegen der unpolitischen Bezeichnung auf die
gemeinschaftliche Kundgabe des Unmuts gegen die Corona-Maßnahmen abzielten. Ein Verbot müsse sich jedoch in den Grenzen der
Verhältnismäßigkeit halten und setze nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkrete Anhaltspunkte für
eine Gefahr voraus, die hier für den örtlichen Anwendungsbereich nicht ausreichten. Die bisherigen nicht angemeldeten
Versammlungen im Stadtgebiet Bretten seien nämlich nur von mehreren Dutzend Personen besucht worden und friedlich verlaufen. Zwar
seien dabei keine Mund-Nasen-Bedeckungen getragen worden, spätestens nach Ansprache durch die Polizei seien jedoch die erforderlichen
Mindestabstände eingehalten worden. Es lägen daher keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass Gefahren durch
Ansteckungen oder gewaltsamen Verlauf nicht auch zukünftig durch polizeiliche Maßnahmen während der Versammlungen begegnet
werden könne, welche ein milderes Mittel gegenüber dem präventiven Verbot darstellten. Zudem werde durch die
Allgemeinverfügung auch die Versammlungsfreiheit von Teilnehmern beschränkt, die nicht die Absicht hätten, gewalttätig
zu werden oder gegen die Vorgaben zur Einhaltung von Mindestabständen und zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zu verstoßen, was
nur bei einem polizeilichen Notstand zulässig wäre.
Der Beschluss (14 K 119/22) gilt unmittelbar nur zugunsten des Antragstellers und ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten
können hiergegen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen. (MB