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Mannheim: Zweiter Eilantrag des NPD-Kreisverbands Rhein-Neckar gegen Versammlungsverbot am 01.05.2012 erfolgreich

Datum: 30.04.2012

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 30.04.2012

Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat dem neuerlichen Antrag des NPD-Kreisverbands Rhein-Neckar auf vorläufigen Rechts­schutz ge­­­gen ein Versammlungsverbot der Stadt Mannheim für den 01.05.2012 stattgegeben. Die Kammer hatte mit Beschluss vom 27.04.2012 einen ersten Antrag des NPD-Kreisverbands unter Verweis auf die fehlende Antragsbefugnis für den Bundesverband der Nationaldemokratischen Partei Deutschland, an den das Versammlungsverbot (zunächst) gerichtet war, als unzulässig abgelehnt (1 K 987/12 - Pressemitteilung Nr. 9/2012). Mit seinem neuen Antrag hat der Antragsteller geltend gemacht, dass die Stadt Mannheim nunmehr am 28.04.2012 auch gegenüber ihm eine von ihm am 27.04.2012 für den 01.05.2012 angemeldete Versammlung verboten habe.

 

In ihrem heutigen Beschluss führt die Kammer aus: Die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verbot der Versammlung seien nicht gegeben. Da die Versammlungsfreiheit, ähnlich wie die Meinungsfreiheit, für die Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen und für die demokratische Ordnung grundlegende Bedeutung besitze und Verbot und Auflösung einer Versammlung die intensivsten Eingriffe in das Grundrecht darstellten, sei ein Versammlungsverbot an strenge Voraussetzungen gebunden und dürfe nur ausgesprochen werden, wenn dies zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter notwendig sei und wenn eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abgewendet werden müsse. Unter Berücksichtigung der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit dürfe die Behörde insbesondere bei Erlass eines vorbeugenden Verbots keine zu geringen Anforderungen an die insoweit vorzunehmende Gefahrenprognose stellen, zumal ihr bei irriger Einschätzung noch die Möglichkeit einer späteren Auflösung verbleibe. Vorliegend lägen keine tatsächlichen Umstände vor, aus denen sich eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ergebe. Aus dem Thema der Veranstaltung ("Raus aus dem Euro! Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein!") ergebe sich nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit, dass aus ihr heraus Straftaten begangen würden. Das hierzu herausgegebene Flugblatt enthalte kein rechtsextremistisches Gedankengut. Ausweislich der Akte der Antragsgegnerin seien weiter am 07.01.2012 ähnliche Veranstaltungen in Ludwigshafen, Worms und Frankenthal durchgeführt worden, ohne dass aus ihnen heraus Straftaten begangen worden seien. Auch aus den Personen des Versammlungsleiters, des stellvertretenden Versammlungsleiters und der Redner ergebe sich nicht die erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass aus der Versammlung heraus Straftaten begangen würden. Das Versammlungsverbot lasse sich schließlich nicht auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung stützen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit sei für die freiheitlich demokratische Grundordnung schlechthin konstituierend. Es gelte die Vermutung zugunsten freier Rede. Die Bürger seien dabei frei, grundlegende Wertungen der Verfassung in Frage zu stellen, solange sie dadurch Rechtsgüter anderer nicht gefährdeten. Die plurale Demokratie des Grundgesetzes vertraue auf die Fähigkeit der Gesamtheit der Bürger, sich mit Kritik an der Verfassung auseinander zu setzen und sie dadurch abzuwehren. Auch die Ablehnung eines bestimmten ‑ etwa fremdenfeindlichen - Gedankenguts durch den ganz überwiegenden Teil der Bevölkerung rechtfertige für sich allein keine Beschränkung der Grundrechte rechtsextremer Demonstranten. Vielmehr lasse das Grundgesetz und die übrige Rechtsordnung ein Verbot von Meinungsäußerungen nur unter ganz engen Voraussetzungen zu, die hier nicht gegeben seien.

 

Der Beschluss vom 30.04.2012 (1 K 1021/12) ist nicht rechtskräftig. Die Antragsgegnerin kann gegen ihn binnen zwei Wochen ab Zustellung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim Beschwerde einlegen.                                 

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