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Pforzheim: Eilantrag gegen versammlungsrechtliches Verbot des Mitführens von Fackeln erfolgreich

Datum: 20.02.2012

Kurzbeschreibung: Pressemitteilung vom 20.02.2012

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hat dem An­trag eines Veranstalters auf Gewährung vorläufigen Rechts­schutzes ge­­­gen versammlungsrechtliche Auflagen der Stadt Pforzheim vom 03.02.2012, mit der das Mitführen von Fackeln bei einer von diesem für den 23.02.2012 angemeldeten Mahnwache einer rechten Gruppierung verboten wurde, stattgegeben. Die Stadt hatte das Verbot ausschließlich mit einer Verletzung der öffentlichen Ordnung begründet. Der 23. Februar wird in Pforzheim jedes Jahr als offizieller Gedenktag an das Bombardement der Stadt begangen.

 

In den Gründen ihrer heute bekannt gegebenen Entscheidung führt die Kammer aus, die angegriffene Auflage lasse sich sehr wahrscheinlich nicht auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung stützen. Sei eine Versammlung - wie vorliegend - inhaltlich unterhalb der Strafbarkeitsschwelle ausgerichtet, komme eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit nur dann in Betracht, wenn über ihren bloßen Inhalt hinaus Besonderheiten der gemeinschaftlichen Kundgabe und Erörterung bzw. besondere Begleitumstände der Demonstration gegeben seien. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn die befürchtete Gefahr auf besonderen, beispielsweise provokativen oder aggressiven Begleitumständen beruhe, die einen Einschüchterungseffekt sowie ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugten. Das Mitführen von Fackeln verstoße nicht schon als solches gegen die öffentliche Ordnung, sondern erst dann, wenn diese als typische Symbole der Darstellung nationalsozialistischer Machtausübung in aggressiv-kämpferischer Weise eingesetzt würden.   Aufgrund der konkreten Gegebenheiten sei vorliegend nicht ersichtlich, dass der Antragsteller die Fackeln als typische Symbole der Darstellung nationalsozialistischer Machtausübung in aggressiv-kämpferischer Weise einsetzen werde und hierdurch ein Einschüchterungseffekt sowie ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft entstünden. Die geplante Mahnwache finde nicht in der Innenstadt und damit im unmittelbaren Bereich der zeitgleich stattfindenden Lichterkette zum Gedenken der Bürger an den Jahrestag des Bombardement von Pforzheim, sondern in einiger Entfernung vom Stadtzentrum statt. Eine unmittelbare Konfrontation mit den im Zentrum dem Bombenangriff gedenkenden Bürgern sei nicht zu befürchten. Auch eine Berücksichtigung der Erfahrungen aus den vergangenen Jahren, in denen der Antragsteller stets Fackeln bei der stillen Mahnwache mitgeführt habe, lasse derzeit keinen Raum für die Annahme, dass durch die Verwendung von Fackeln nationalsozialistische Veranstaltungsrituale aufgegriffen würden, die bei der Bevölkerung Assoziationen an paramilitärische Aufmärsche hervorrufen könnten. Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung sei auch nicht unter dem  Aspekt des Symbolschutzes des 23. Februar erkennbar. Der 23. Februar besitze keinen unmittelbaren Bezug zu den NS-Verbrechen dergestalt, dass sich der angemeldeten Mahnwache des Antragstellers eine Provokation für die Menschen, die der Opfer des Nazi-Regimes gedenken, entnehmen ließe. Dabei werde nicht verkannt, dass der 23. Februar für die Bürger der Antragsgegnerin ein offizieller Gedenktag der Stadt sei, der dem friedlichen Gedenken an die Opfer des Bombenangriffs auf die Stadt Pforzheim diene.

Der Beschluss vom 20.02.2012 (2 K 378/12) ist nicht rechtskräftig. Die Antragsgegnerin kann gegen ihn binnen zwei Wochen ab Zustellung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim Beschwerde einlegen.      

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