Mit einer mehr als 150 Jahre zurückreichenden Traditionslinie ist das Verwaltungsgericht Karlsruhe eine Institution mit besonderer Geschichte. Hier in Karlsruhe wurde 1864 mit dem „Großherzoglich Badischen Verwaltungsgerichtshof“ das erste Verwaltungsgericht auf deutschem Boden geschaffen, und so ist Karlsruhe als „Residenz des Rechts“ zugleich die Wiege der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Es war ein Ausweis der badischen Liberalität, mit der Errichtung des Badischen Verwaltungsgerichtshofes als erster deutscher Bundesstaat ein unabhängiges Gericht zu schaffen, bei dem Bürger das Verhalten staatlicher Behörden in öffentlicher Verhandlung auf seine Rechtmäßigkeit überprüfen lassen konnten. Nach der Reichsgründung 1870/1871 sollten auch andere Bundesstaaten diesem Vorbild folgen. Der Verwaltungsgerichtshof war nach den sogenannten Bezirksräten – gewissermaßen behördliche Beschwerdekammern bei den damals 59 Bezirksämtern – Verwaltungsgericht zweiter Instanz und in einer Reihe enumerativ aufgeführter Fälle sowie für Klagen gegen polizeiliche Verfügungen allgemein erstinstanzlich zuständig.
Nachdem der ursprüngliche Dienstsitz in der Erbprinzenstraße bald zu klein geworden war, zog das Gericht 1905 an die Nördliche Hildapromenade. Die Inschrift über dem Hauptportal des Dienstgebäudes gibt noch heute Zeugnis davon, dass hier einst der Badische Verwaltungsgerichtshof seinen Sitz hatte.
Veränderungen unterlag aber auch die inhaltliche Tätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes. Hatte er den Ersten Weltkrieg, die Wirren der Revolution und die turbulenten Jahre der Weimarer Republik noch weithin unbeschadet überstanden, so folgte ab 1933 auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit eine dunkle Epoche. Eine nicht an politischen Zweckmäßigkeitsüberlegungen orientierte Kontrolle staatlichen Handelns lief dem Staats- und Rechtsdenken des Nationalsozialismus diametral zuwider. Die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte wurde daher sukzessive ausgehöhlt, vor allem durch das Gesetz über die Geheime Staatspolizei vom 10.02.1936, mit dem deren Maßnahmen ausdrücklich der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte entzogen wurden. Damit waren die Bürger schutzlos gegenüber staatlichen Übergriffen. Da dementsprechend kaum noch Arbeit für die Verwaltungsgerichte anfiel, wurden die wenigen verbliebenen Richter nach und nach wegversetzt, bis der Badische Verwaltungsgerichtshof zuletzt nur noch aus seinem Präsidenten und einigen Geschäftsstellenbeamten bestand und seine Spruchtätigkeit gegen Ende des 2. Weltkrieges vollständig einstellte.
Ein Neuanfang erfolgte nach dem Ende der Diktatur. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland wurde mit einem ganz anderen Verständnis ihrer Funktion wieder neu eingerichtet. Insbesondere wegen der bitteren Erfahrungen der Jahre 1933 bis 1945 sollten Verwaltungsgerichte den Bürger nunmehr umfassend vor dem rechtswidrigen Zugriff der Staatsgewalt auf seine Rechte schützen.
Die amerikanischen Besatzungsbehörden errichteten 1947 im damaligen Land Württemberg-Baden unter anderem ein Verwaltungsgericht in Karlsruhe sowie einen Verwaltungsgerichtshof in Stuttgart. Einer der drei Senate des Württemberg-Badischen Verwaltungsgerichtshofes hatte seinen Sitz in Karlsruhe und teilte sich dort das provisorische Dienstgebäude in der Ritterstraße 12 mit dem Verwaltungsgericht. Erst 1954 kehrte das mittlerweile dem neugegründeten Land Baden-Württemberg angehörende Verwaltungsgericht Karlsruhe in die Nördliche Hildapromenade zurück, wo bis dahin die Landesbezirksdirektion des Innern als Vorgängerbehörde des heutigen Regierungspräsidiums residiert hatte.
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe seit den 1950er Jahren erscheint als ein Spiegel der gesellschaftspolitischen Herausforderungen der jeweiligen Zeit: In den ersten Jahren waren Verfahren aus dem Kriegsfolgenrecht für den Geschäftsanfall beherrschend. Ab den 1960er Jahren rückte die außerordentlich stark zunehmende Bautätigkeit baurechtliche Streitsachen in den Vordergrund. Zeitweise spielten Wehrsachen, vor allem Verfahren wegen Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer, eine große Rolle. Ab Mitte der 1970er Jahre wirkte sich die Konkurrenz um Studienplätze, insbesondere in den medizinischen Studiengängen, durch eine beachtliche Zunahme der Verfahrenseingänge im Numerus-Clausus-Bereich aus. Seit den 1980er Jahren stellten zudem immer wieder Migrationswellen das Verwaltungsgericht in Form von stark steigenden Verfahrenszahlen im Ausländer- und Asylrecht vor ganz besondere Herausforderungen.
Unabhängig von den jeweils im Fokus stehenden Sachthemen hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den ihm übertragenen Rechtsschutzauftrag von Anfang an effektiv wahrgenommen. In der mittlerweile mehr als 70 Jahre währenden Geschichte der Bundesrepublik waren es nicht zuletzt die Verwaltungsgerichte, die den Grundrechten zu praktischer Wirksamkeit verhalfen und damit wesentlich zum Auf- und Ausbau unserer rechtsstaatlichen Ordnung beitrugen.